Das Mühlviertel gilt als friedlich und idyllisch – doch zum zweiten Mal innerhalb von nur sieben Tagen wurde dort ein Mann von der Polizei niedergeschossen. In der Nacht auf Freitag floss im aktuellen Fall nahe Rohrbach Blut. Ein Polizei-Psychologe analysiert die Einsätze.
Ein 61-Jähriger aus dem Bezirk Rohrbach hatte am Abend einer Bekannten angekündigt, er werde Suizid begehen. Zudem soll er vor ihren Augen mit einer Waffe hantiert haben. Dann fuhr er mit dem Auto weg. Die Frau alarmierte die Polizei, die eine Fahndung einleitete. Mehrere Anhalteversuche blieben erfolglos, unter anderem durchbrach der Mann eine Straßensperre.
Lebensbedrohlicher Bauchschuss
Schließlich konnte der 61-Jährige gegen 19.46 Uhr in Grenznähe zu Tschechien in der Rohrbacher Ortschaft Märzing auf einer Wiese gestoppt werden. Laut den Aussagen der Polizeibeamten stieg der Mann aus dem Auto aus und richtete seine Waffe trotz sofortiger Täteransprache direkt auf die Polizisten. Ein Beamter schoss den Verdächtigen nieder. Der 61-Jährige wurde mit einem lebensbedrohlichen Bauchschuss ins Linzer Uni-Klinikum geflogen, er liegt dort jetzt auf der Intensivstation.
Durch die vielen Krisen verrohen die Leute. Die Hemmung, zur Waffe zu greifen, wenn mir etwas nicht passt, ist deutlich geringer geworden.
Psychologe Barnabas Neumayer
Bild: Horst Einöder/Flashpictures
Finanziell völlig blank
In dieser Spitalsabteilung befindet sich auch jener Ex-Lehrer (59), der in der Vorwoche in Rainbach im Mühlkreis ausgerastet war. Doch warum hatte der 61-Jährige so durchgedreht? Am 6. Juni war über sein Vermögen ein Schuldenregulierungsverfahren eröffnet worden, laut Anfrage bei Experten dürfte der Mühlviertler völlig blank gewesen sein.
Gegen ihn wird vorerst wegen versuchtem Widerstand und gefährlicher Drohung ermittelt. Auch der Schusswaffengebrauch hat ein juristisches Nachspiel. Dieser wird routinemäßig von der Ermittlungs- und Beschwerdestelle Misshandlungsvorwürfe (EBM) des Innenministeriums untersucht.
Und wer ohnedies eine kurze Zündschnur hat, bei dem brennt die Lunte dann noch schneller ab.
Psychologe und Psychotherapeut Barnabas Neumayer
„Seit Jahren im Krisenmodus“
Der Psychologe und Psychotherapeut Barnabas Neumayer aus Pucking wundert sich nicht über derartige Ausraster: „Wir sind seit Jahren im Krisenmodus, zuerst die Pandemie, dann der Ukrainekrieg – es gibt gefühlt nur noch schlechte Nachrichten. Das stresst sehr viele Leute. Und wer ohnedies eine kurze Zündschnur hat, bei dem brennt die Lunte dann noch schneller ab.“
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