Spenden unter Zwang

DDR verkaufte Blut von Häftlingen in den Westen

Ausland
14.01.2014 22:07
Zur Beschaffung von Devisen hat die marode DDR Mitte der 1980er-Jahre sogar Häftlinge zu Blutspenden gezwungen. Das Blut wurde dann gewinnbringend in den Westen verkauft. Das Bayerische Rote Kreuz habe es über einen Schweizer Zwischenhändler bezogen, berichtete das ARD-Politmagazin "Report Mainz" am Dienstagabend unter Berufung auf eine bisher unveröffentlichte Studie der Stasi-Unterlagenbehörde.

Aus den Stasi-Akten geht laut dem TV-Bericht hervor, dass Gefangenen der Haftanstalt Waldheim in Sachsen Blut abgenommen worden ist. Dies sei offenbar nicht freiwillig erfolgt. Der ehemalige Vize-Chef des DDR-Bezirksinstituts für Blutspende- und Transfusionswesen Erfurt, Rudolf Uhlig, bestätigte dem TV-Magazin, dass auch Gefangenen der Haftanstalt Gräfentonna im heutigen Thüringen Blutspenden abgenommen wurden.

"Nur Häftlingen Blut abgenommen"
"Wir haben dort Blutspendetermine durchgeführt, in unregelmäßigen Abständen. Es hat sich dort sehr gelohnt, in die Anstalt zu fahren, weil jedes Mal hatten wir 60 bis 70 Blutspender, und das war ein recht guter Erfolg", so Uhlig im Interview. Seinen Aussagen zufolge habe man nur Häftlingen Blut abgenommen. "Ich glaube nicht, dass da ein Angestellter Blut gespendet hat, es waren eigentlich nur Häftlinge."

In der Studie wird auch ein Spitzel-Bericht zitiert, wonach sich Krankenschwestern zumindest in einem Fall sogar weigerten, den Gefangenen Blut abzunehmen. "Die armen Strafgefangenen" seien "doch sicher alle gezwungen worden", so ihre Begründung laut dem Bericht. Die Schwestern hätten dem Historiker und Studienautor Tobias Wunschik zufolge die Zwangslage der Häftlinge "ganz klar erkannt". Wunschik gegenüber "Report Mainz": "In der Besonderheit einer Haftsituation, noch dazu in einer Diktatur, kann von Freiwilligkeit natürlich nicht die Rede sein."

Bayerisches Rotes Kreuz gibt Kauf von DDR-Blut zu
Das Blut verkaufte das Zentrale Exportbüro beim DDR-Ministerium für Gesundheitswesen dann in den Westen. Über den Schweizer Zwischenhändler erwarb es das Bayerische Rote Kreuz. Dieses bestätigte dem TV-Magazin die Blut-Geschäfte mit dem Osten. Landesgeschäftsführer Leonhard Stärk äußerte sein tiefstes Bedauern über die damaligen Vorgänge und betonte: "Selbstverständlich würde niemand heute Blutkonserven aus einer Diktatur zukaufen."

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