(Noch) Kein Hit

Stars sind nicht genug: Teil eins von “Broken Age”

Spiele
15.01.2014 13:40
Von über 87.000 Fans finanziert, ist nun endlich der erste Teil von "Broken Age", dem neuen Adventure von Tim Schafer, erschienen. Mit dabei sind zahlreiche bekannte Schauspieler, von Elijah Wood über Will Wheaton bis Jack Black. Warum die Starbesetzung aber kein Garant für ein fesselndes Spiel und der Schluss das unangefochtene Highlight des wunderbar abgedrehten Games ist, zeigt der krone.at-Test.

Tim Schafer zählt zu den bekanntesten Spieleentwicklern der Welt - er begeisterte Millionen mit Games wie der "Monkey Island"-Reihe, "Day of the Tentacle", "Maniac Mansion", "Grim Fandango", "Brütal Legend" und "Psychonauts". Anfang 2012 stand es um seine Firma Double Fine aber mehr als schlecht: Ihr drohte die Schließung.

So entschloss sich Schafer, seine Fans zu mobilisieren und über die Website Kickstarter, bis dahin eher ein Insidertipp denn allgemein bekannt, um Geld für ein neues Projekt zu bitten. Er wolle ein Adventure machen, frei von den Zwängen der Publisher, dafür aber voller Kreativität, versprach Schafer.

Kickstarter-Boom ausgelöst
Zwischen Februar und März 2012 schafften er und sein Team das Unglaubliche: Über drei Millionen US-Dollar kamen für das bis dahin vollkommen planlose Adventure zusammen. Der Rekord wurde seither vielfach gebrochen, doch Schafer hat dazu beigetragen, Kickstarter und damit vielen kleinen oder finanziell angeschlagenen Entwicklern zu großem Erfolg zu verhelfen.

Kurz vor der Veröffentlichung hat es sich Double Fine übrigens dennoch beinahe mit Fans und Presse verscherzt: Vor dem 28. Jänner dürften keine Tests zum Spiel erscheinen, weder in Medien noch privaten Blogs, ließen die Entwickler vor Kurzem wissen. Wütende Reaktionen der Kickstarter-Unterstützer folgten auf dem Fuß, sodass der versuchte Test-Bann eilends zurückgezogen wurde.

Aufteilung trotz Millionen
Und nun ist es also da, "Broken Age". Vorerst allerdings nur für diejenigen, die das Projekt bei Kickstarter unterstützt haben, alle anderen können das Spiel ab 28. Jänner kaufen. Und es handelt sich nur um die erste Hälfte des Point-and-Click-Adventures, denn Double Fine scheint sich mit der Produktion verhoben zu haben.

Die Millionen reichten nicht aus, daher soll Teil eins nun frisches Geld in die Kassen spülen, bis die zweite, finale Episode als kostenloses Update nachgereicht wird - es soll noch in diesem Jahr so weit sein.

Zwei Erzählstränge - freie Auswahl
Der erste Teil von "Broken Age" erzählt die Geschichte zweier Teenager, deren Leben miteinander verbunden ist, ohne dass sie es wüssten - und auch der Spieler erfährt erst ganz am Schluss den Clou der Story. Womit wir auch schon bei besagtem Highlight des Spiels wären, denn bis dahin plätschern die beiden Erzählstränge eher so vor sich hin.

Unabhängig voneinander wird die Geschichte des Buben Shay und des Mädchens Vella erzählt - der Spieler kann frei entscheiden, mit wem er beginnt, und auch später jederzeit zwischen den beiden hin- und herwechseln. Wirklich nötig ist das zwar nicht, doch bietet der Mechanismus zumindest Abwechslung.

Flucht vor Monster in den Himmel
Denn besonders der Teil um Vella ist leider etwas fad. Dabei hätte die Story jede Menge Potenzial: Vella soll gemeinsam mit anderen Mädchen einem riesigen Monster geopfert werden, damit dieses ihr Dorf verschont - eine lange gehegte Praxis, gegen die niemand außer Vella und ihr Großvater Einspruch erhebt. Während ihre Familie und das gesamte Dorf also der Monsterfütterung freudig entgegenfiebern, plant Vella ihre Flucht.

Der Plan gelingt und sie landet im Himmel - genauer gesagt einem kleinen Örtchen in den Wolken, das sich den Lehren eines merkwürdigen Gurus (Jack Black) angeschlossen hat. Erst hier darf sich Vella frei bewegen um herauszufinden, wie sie auf den Boden zurückkehren und dem Monster den Garaus machen kann.

Shay gelangweilt im Raumschiff
Auch bei Shay dauert es eine gute Weile, bis man frei erkunden darf. Der Bub hat gänzlich andere Probleme als Vella: Ihm ist furchtbar langweilig. Kein Wunder, lebt er doch in einem Raumschiff mit einer fürsorglichen K.I. als Aufpasserin, die ihn jeden Tag mit den gleichen schrägen, aber auch faden Aufgaben zu beschäftigen versucht. Erst als ein geheimnisvoller Typ im Wolfskostüm auftaucht und Shay verrät, dass er Wesen in Not helfen könnte, wenn er den Bordcomputer austrickst, wird's spannend.

Nun erforscht Shay das Raumschiff und muss genau wie Vella einfache Rätsel lösen. Wie zum Beispiel bekommt er seinen Kopf in einen Spielzeughelm, den er zum Schutz vor Strahlung braucht? Ganz einfach, wenn der Schiffsteleporter ohnehin fehleranfällig ist und Shays Kopf mit jedem Beamen ein wenig schrumpft. Komplizierter wird's denn auch nie in "Broken Age", die Rätsel beschränken sich in den allermeisten Fällen auf das Aufsammeln von Gegenständen, die andernorts benützt werden.

Null Herausforderung, flott durchgespielt
Noch leichter macht es die Tatsache, dass es keine "Betrachten"-Funktion gibt - jedes Objekt wird per Klick benützt oder mitgenommen. Zudem hat man praktisch nie mehr als eine Handvoll Objekte im Inventar oder muss zwei Gegenstände miteinander kombinieren, um weiterzukommen. Alle, die schon einmal ein Point-and-Click-Adventure gespielt haben, wird dieses Spiel vor keinerlei Herausforderung stellen.

So treibt einen "Broken Age" in gewaltiger Geschwindigkeit vorwärts, nur zweimal kam es im Test vor, dass kurz unklar war, was nun zu tun ist, doch auch das war nach fünf Minuten gegessen. Selbst wer sich alle Dialoge anhört, kommt daher wohl auf maximal dreieinhalb Stunden Spielzeit, eher drei. Auch wenn der zweite Teil von "Broken Age" erst kommt, ist das ein wenig enttäuschend.

Witzige Gespräche sind viel zu kurz
Und zwar vor allem, weil es nicht nur an kniffligen Rätseln mangelt, sondern auch an der Geschichte. Trotz der schön abgedrehten, fantasievollen Welt bleiben Vella und Shay blass und wachsen dem Spieler nicht wirklich ans Herz. Viele Nebencharaktere und die Dialoge mit ihnen sind dafür wunderbar witzig und schräg. Nur leider scheucht einen das Spiel so schnell an ihnen vorbei, dass man mit kaum jemandem mehr als ein paar Sätze wechselt.

Das Gespräch mit dem fragwürdigen eierlegenden Guru ist ebenso rasch vorüber wie jenes mit dem Holzfäller (Will Wheaton), der sich vor den neuerdings sprechenden Bäumen fürchtet, einem frisch aufgetauten Gott, der keiner sein will, und den überheblichen Schönheiten eines Fischerdorfs, die sich nichts Schöneres vorstellen können, als - wie in Vellas Zuhause - vom Monster aufgefuttert zu werden. Auch Shay erfährt weder vom geheimnisvollen Wolf noch der wunderbar übervorsichtigen Schiffs-K.I. Tiefgehendes.

Es ist daher bezeichnend, dass die am besten ausgearbeitete Figur in "Broken Age" ein wütender Baum ist, der angesichts des "Mordes" an seinesgleichen Schimpftiraden von sich gibt und Gift und Galle - beziehungsweise das Baum-Äquivalent Harz - spuckt. Wie gerne hätte man für all diese Figuren komplexe Rätselketten gelöst, sie immer wieder besucht und näher kennengelernt. Wir hoffen, der zweite Teil erfüllt uns diese Wünsche!

Grafik Geschmackssache - Prima Musik und Sprecher
Grundsätzlich gut gefallen hat uns dafür die Grafik, die allerdings für geteilte Meinungen sorgt. Wir fühlten uns im Stil an Märchenbücher erinnert, die zum Träumen einladen, allerdings wirken die oftmals arg kargen Hintergründe ein wenig lieblos, genau wie die schwachen Animationen der Figuren.

Die Musik ist dagegen über jeden Zweifel erhaben: Sie begeistert mit einem orchestralen Soundtrack, der der oft starren Szenerie Leben verleiht. Auch die Sprecher machen durchweg einen guten Job, besonders positiv fallen Vella, der Schiffscomputer, der Teleporter und der Holzfäller auf. Elijah Wood als Shay wirkt dagegen etwas zu gelangweilt - selbst im Angesicht spannender Missionen scheint Wood gegen den Schlaf anzukämpfen. Positiv: Zur derzeit lediglich englischen Sprachausgabe gibt's deutsche Texte.

Fazit: Der erste Teil von "Broken Age" bietet eine an sich spannende Geschichte, die in einem Finale endet, das sofort Lust aufs Weiterspielen macht. Schräge Dialoge bringen den Spieler zum Lachen, die witzigen Charaktere und die wunderbar kreative Welt werden aber leider unter Wert verkauft. Echte Rätsel und die Notwendigkeit, desten Sprecher sind hingegen top. Angesichts der Tatsache, dass Adventure-Spezialist Schafer hinter "Broken Age" steckt, freuen wir uns trotz der Schwächen auf Teil zwei und sind höchst gespannt, wie es weitergeht.

Plattform: PC
Publisher: Double Fine
krone.at-Wertung: 7/10

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