Die Berlusconi-Familie steht vor der Mehrheit beim deutschen Fernsehkonzern ProSiebenSat.1, zu dem in Österreich ProSiebenSat.1Puls4 (Puls 4, ATV, ATV 2, Puls 24) gehört. Der tschechische Finanzinvestor PPF will seinen Anteil von knapp 15,7 Prozent der ProSiebenSat.1-Aktien an die Berlusconi-Gesellschaft Media for Europe (MFE) verkaufen, teilte PPF am Mittwochabend mit.
Nachdem MFE nach Ablauf der ersten Angebotsfrist schon eine Beteiligung von 43,6 Prozent gemeldet hatte, dürfte ihre Beteiligung mit den Anteilen von PPF auf fast 60 Prozent wachsen. PPF hatte den ProSiebenSat.1-Aktionären ebenfalls ein Übernahmeoffert gemacht, dieses aber im Gegensatz zum Berlusconi-Konzern zuletzt nicht mehr erhöht. Es sei PPF nicht gelungen, ausreichend Aktionäre zur Unterstützung der eigenen Ziele zu gewinnen.
Aktionäre sprachen sich gegen Kauf aus
Aufgrund der geringen Annahmequote des eigenen Kauf-Angebots an die Aktionäre könne PPF seine „ursprüngliche Rolle als strategischer Investor mit dem Anspruch, auf Augenhöhe mit MFE zusammenzuarbeiten und ihre Expertise beim Aufbau digitaler Medienplattformen einzubringen, nicht fortführen“, hieß es. Der nach MFE zweitgrößte ProSiebenSat.1-Aktionär war zuvor an dem Ziel gescheitert, seinen Anteil auf bis zu 29,99 Prozent zu verdoppeln, um zusammen mit dem Streubesitz ein Gegengewicht zu den Italienern zu bilden. Die Holding der Erben des Milliardärs Petr Kellner kam mit ihrem Gegengebot aber nur auf 18,4 Prozent.
Europäische Sendergruppe soll US-Streamingriesen Paroli bieten
Mit dem Ablauf der ersten Frist hatte MFE die angestrebte Aktienmehrheit an ProSiebenSat.1 zwar verfehlt. Allerdings dürfen Aktionäre wie PPF ihre Anteile noch bis 1. September MFE andienen. PPF will nun auch seine verbliebenen Finanzinstrumente aus seinem eigenen Übernahmevorhaben abwickeln.
Media for Europe gehört den Kindern des 2023 gestorbenen früheren italienischen Regierungschefs Silvio Berlusconi. Sohn und MFE-Chef Pier Silvio Berlusconi schwebt ein paneuropäischer Medienkonzern mit ProSiebenSat.1 in Deutschland samt Töchtern wie jener in Österreich sowie den eigenen Privatsendern in Italien und Spanien vor. Es geht darum, US-Streamingriesen wie Netflix und Disney+ Paroli zu bieten.
Kartellrechtlich keine Hürden
Kartellrechtlich gibt es keine Hürden für das Geschäft. Die Übernahme wurde bereits 2023 der Europäischen Kommission sowie 2024 der Bundeswettbewerbsbehörde zur Prüfung vorgelegt. Damals hatten die Berlusconis die Grenze von 25 Prozent überschritten.
Da die Mailänder nun die 50-Prozent-Hürde überspringen werden, könnten sie Umsätze und Gewinne von ProSiebenSat.1 voll in die eigene Bilanz aufnehmen. Für einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, der ihnen den Zugriff auf die Finanzmittel geben würde, wäre eine Dreiviertel-Mehrheit nötig.
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