Ein dramatisches Formel-1-Jahr liegt hinter uns – und auch nach Ende der Saison gab es noch Aufregung. Etwa den Abschied von Ikone Helmut Marko inklusive Abrechnung mit Ex-Red-Bull-Teamchef Christian Horner. Kult-Experte und Ex-Haas-Teamchef Günther Steiner hat im Gespräch mit der „Krone“ einige Themen analysiert und auch einen Ausblick auf die kommende Saison gewagt.
„Sportkrone.at“: Bei Red Bull hat es auch nach Ende der Saison einen Umbruch gegeben. Besonders prominent hat sich auch Helmut Marko aus dem Formel-1-Geschäft verabschiedet – nicht ohne den ein oder anderen Seitenhieb. Ganz ruhig scheint es da noch nicht zu sein?
Günther Steiner: Ich glaube, es ist halt ein Prozess, der ein bisschen Zeit braucht. Unruhe war bei Red Bull ja schon seit längerem zu erkennen, aber wohl sogar mehr, als viele gedacht haben. Und was Doktor Marko angeht, der ist, so glaube ich, aus Altersgründen gegangen. Dass er dann nochmal so ausgeteilt hat, habe ich nicht erwartet. Aber es ist doch gutes Entertainment, oder?
Warum hat dich dieser Rundumschlag von Marko gewundert?
Weil es da um Dinge ging, die doch schon eine Weile in der Vergangenheit liegen und er sich eigentlich ja nicht dafür rechtfertigen muss. Bei Red Bull hat man halt gewisse Entscheidungen getroffen und fertig. Aber ich glaube, mit Teamchef Laurent Mekies kommt jetzt wieder Ruhe rein. Man hat den besten Fahrer und ein gutes Team – die Zutaten zum Erfolg sind da. Die Zukunft wird zeigen, was sie daraus machen.
Der Rückzug von Marko hat dich aber nicht überrascht?
Ich habe mir den Zeitpunkt nicht erwartet – vielmehr dachte ich, dass er erst nach der nächsten Saison seinen Rückzug verkündet. Aber ja, er ist halt auch nicht mehr der Jüngste und die Reisestrapazen im Formel-1-Zirkus sind auf Dauer auch eine Belastung. Aber vom Doktor werden wir auch in Zukunft noch die ein oder andere Aussage hören – da brauchen wir uns keine Sorgen zu machen.
Nach der doch dann überraschenden plötzlichen Trennung von Christian Horner scheint es bei Red Bull wieder besser zu laufen. Liegt das vor allem am neuen Teamchef Mekies?
Ich glaube, da würde man ein bisschen zu viel hineininterpretieren. Sicher, Mekies hat Ruhe reingebracht nach den Horner-Turbulenzen – aber die Leistung vom Auto war sicher schon vorher da, weil der Laurent kann auch nicht in zwei Wochen ein Auto schnell machen, so gut ist er auch nicht. Aber alleine die zusätzliche Ruhe hat sehr viel bewirkt. Das hat sicherlich auch Max Verstappen geholfen, dass es nicht bei jedem Rennen wieder Aufregung rund um das Team gab. Das ganze Team konnte sich endlich wieder auf das Wesentliche konzentrieren.
So wurde es am Ende noch ein Herzschlagfinale um den WM-Titel. War das aber vor allem der Verdienst von Verstappen und Red Bull – oder auch gewissermaßen ein Geschenk von McLaren, die sich auf keinen der beiden Fahrer festlegen wollten?
Absolut. Ohne die Hilfe von McLaren, hätte Red Bull nie die Chance gehabt, um die Weltmeisterschaft zu kämpfen. Am Ende haben sie den Titel noch knapp gewonnen, aber wenn McLaren nach der Sommerpause auf einen Fahrer gesetzt hätte, wäre die Weltmeisterschaft viel früher entschieden gewesen. McLaren hat es für die Fans spannend gehalten, aber sie haben dabei viel riskiert.
Es gab auch Stimmen, die meinten, Norris sei kein verdienter Weltmeister. Wie stehst du zu solchen Aussagen?
Dem kann ich nicht zustimmen. Er hat den Titel absolut verdient. Lando hat bis zum Schluss gekämpft. Wir hatten ihn im Laufe der Saison schon abgeschrieben – auch ich – doch er hat sich tapfer zurückgekämpft und ist deshalb auch Weltmeister geworden. Er hat seine Lektion gelernt und Fehler, die er noch am Anfang der Saison gemacht hat, vermieden.
Kann es auf Dauer mit Norris und Piastri in einem Team funktionieren, oder muss sich McLaren bald von einem der beiden Fahrer trennen?
Wenn sie nicht um den Titel kämpfen, dann kann auch längerfristig funktionieren. Aber falls McLaren wieder um den Titel kämpft – und nicht einer plötzlich dem anderen total überlegen ist – wird es schwierig, das auf Dauer zu managen.
Max Verstappen hingegen bekommt schon wieder einen neuen Teamkollegen. Auch Yuki Tsunoda ist wieder Geschichte. Ein Schicksal, das auch Isack Hadjar droht?
Ich glaube, Hadjar ist ein wirklich guter Rennfahrer. Und zweitens hat er den Vorteil, dass es ein neues Reglement gibt. So kann er auf Punkt Null mit Max starten. Lawson und Tsunoda sind hingegen in ein Auto gesetzt worden, mit dem Max viele Erfahrung hatte und sie haben es nicht geschafft diese so schnell aufzuholen. Zudem war das Feld so nahe beieinander. Für Hadajr gibt es in dieser Hinsicht bessere Voraussetzungen. Und die Devise muss lauten, dass man bei Red Bull ein Talent findet, dem man zutraut, annähernd so gut zu werden, wie es Max ist.
Wir haben in dieser Saison eine Reihe von Rookies gesehen, die durchaus auch gute Leistungen gezeigt haben. Antonelli, Bortoleto und eben auch Hadjar – ist da vielleicht der „neue“ Verstappen dabei?
Es ist noch zu früh, das zu sagen. Aber es hat auf jeden Fall vielversprechende Leistungen gegeben. Ich würde auch noch einen Oliver Bearman dazuzählen, der sein Talent aufblitzen hat lassen. Aber ja, auch wenn ich da an einen Bortoleto denke. Der saß zunächst in einem nicht konkurrenzfähigen Auto und flog deshalb etwas unter dem Radar. Sobald das Auto besser geworden ist, hat er gezeigt, was er kann. Du musst einen Teamkollegen wie Nico Hülkenberg erst mal in einem Qualifying schlagen. Also ja, ich glaube, diese Rookies sind auf jeden Fall talentiert. Jetzt wird sich aber zeigen, wer das Zeug für ganz oben hat. In der zweiten und dritten Saison muss man richtig abliefern. Die Chance dazu haben sie auf jeden Fall – man muss aber auch sagen, dass es ein Talent wie Max Verstappen nicht häufig gibt. Aber in diesem Jahr hat jedenfalls kein Rookie eine schlechte Figur gemacht. Doch die Formel 1 ist ein hartes Geschäft. Wenn sie nicht weiter gut abliefern, werden neue Fahrer die Chance bekommen.
Während die Rookies abgeliefert haben, lief bei Routinier Lewis Hamilton bei Ferrari nichts nach Plan. Man hatte den Eindruck, dass er immer verzweifelter wurde. Glaubst du, dass er im kommenden Jahr trotzdem nochmal das Ruder herumreißen kann?
Ich glaube, wenn Ferrari kommende Saison ein gutes Auto hat, kann das klappen. Man darf nie vergessen, dass er mit Charles Leclerc einen sehr guten Teamkollegen hat. Der hat es ein paar Mal aufs Podium geschafft, aber auch kein Rennen gewonnen. Mit diesem Auto war das Podium aber schon eine ordentliche Leistung. Wenn man in der nächsten Saison konkurrenzfähiger ist, dann wird sich auch ein Lewis wieder motivieren können. Wenn es aber so weiter geht, dann wird die nächste Saison sicher seine letzte in der Formel 1. Das wird er sich sicher nicht weiter antun. Die Situation ist sehr schwer für ihn, das hat man auch bei jedem Interview neu gemerkt. Es wird also eine richtungsweisende Saison für ihn.
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