An von der Leyen

Wutbrief der Autobauer: Stoppt das Verbrenner-Aus!

Wirtschaft
27.08.2025 12:09

Jetzt wird es brisant: Der Dachverband der europäischen Automobilhersteller ACEA und der Dachverband ihrer Zulieferer CLEPA fordern erstmals in einem Wut-Brief an die EU-Politik eine Überarbeitung der strengen CO2-Ziele für die Branche. Diese seien „in der heutigen Welt nicht mehr erreichbar. Eine sofortige Kehrtwende sei die letzte Chance für die EU“. Kommt jetzt das Aus vom Verbrenner-Aus, das ab 2035 schlagend werden soll?

Der Brief – er liegt der „Krone“ vor – wird von allen führenden Autobauern und Zulieferern Europas mitgetragen – und er ist ungewöhnlich deutlich sowie zeitlich brisant. Die Autobauer gehen im Vorfeld des „strategischen Dialogs“ am 12. September mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen über die Zukunft der Automobilindustrie auf die Barrikaden und fordern die „Rückkehr zur Realität“. Unterschrieben ist er von Mercedes-Benz-CEO Ola Källenius und Matthias Zink, wiederum Schaeffler-Chef, die gleichzeitig ACEA bzw. CLEPA vorstehen.

Radikaler Jobabbau droht weiterhin
In Deutschland wurden in den letzten 12 Monaten rund 51.500 Jobs (fast 7 %) abgebaut. VW (geplanter Abbau von 33.000 Stellen bis 2030), Mercedes-Benz und Zulieferer wie Bosch oder Ford sind besonders betroffen. In Österreich, arbeiten rund 100.000-120.000 Beschäftigte im Automotivsektor, dort sank die Beschäftigung im ersten Halbjahr 2025 um 8,1 %. Große Zulieferer wie Magna oder AVL List leiden unter stagnierender Nachfrage nach Elektrofahrzeugen. Die Umstellung auf E-Mobilität, die weniger arbeitsintensiv ist, bedroht hochwertige Arbeitsplätze in beiden Ländern und E-Autos werden um 30 Prozent billiger in China produziert und verkauft.

Maximaler Frust
ACEA und CLEPA betonen zwar, dass sie die Klimaziele Europas unterstützen wollen und zu diesem Zweck bereits Hunderte neuer Elektroautos auf den Markt gebracht und mehr als 250 Milliarden Euro investiert haben: „Wir wollen diesen Wandel zum Erfolg führen, sind jedoch frustriert über das Fehlen eines ganzheitlichen und pragmatischen politischen Plans für die Transformation der Automobilindustrie“, heißt es.

Von der Leyens Green Deal hätte der große Wurf werden sollen. Jetzt bröckelt er an allen Ecken ...
Von der Leyens Green Deal hätte der große Wurf werden sollen. Jetzt bröckelt er an allen Ecken und Enden.(Bild: APA/Picturedesk, Krone KREATIV)

Angeführt werden die irren Trump-Zölle auf europäische Autos und dass die Wertschöpfungskette für Batterien fast vollständig von Asien abhängig zu werden droht. Weiteres Zitat: „Darüber hinaus gibt es eine ungleiche Verteilung der Ladeinfrastruktur, sehen sich die europäischen Automobilhersteller mit höheren Produktionskosten, darunter teureren Strompreisen, konfrontiert und müssen zusätzliche Einfuhrzölle wichtiger Handelspartner in Kauf nehmen. Wir sollen uns mit auf den Rücken gebundenen Händen wandeln.“

Mercedes-Chef Ola Källenius: Ungewöhnlich klare Worte.
Mercedes-Chef Ola Källenius: Ungewöhnlich klare Worte.(Bild: APA/dpa/Bernd Weißbrod)

Ernüchterndes Fazit: Der Marktanteil von vollelektrischen Fahrzeugen ist nach wie vor weit von dem entfernt, wo er sein sollte: etwa 15 Prozent bei Personenkraftwagen, etwa 9 Prozent bei Lieferwagen und 3,5 Prozent bei Lastkraftwagen: „Einige EU-Märkte zeigen Anzeichen für Fortschritte, aber ein Großteil der Kunden zögert weiterhin, auf alternative Antriebe umzusteigen“, schreibt Källenius.

Um den Umstieg für eine kritische Masse europäischer Verbraucher und Unternehmen zu einer naheliegenden Entscheidung zu machen, sind laut der Branche „viel ehrgeizigere, langfristige und konsequente Anreize auf der Nachfrageseite erforderlich, darunter niedrigere Energiekosten für das Aufladen, Kaufprämien, Steuererleichterungen und günstiger Zugang zu städtischen Flächen“.

China überflutet den Weltmarkt mit günstigen E-Autos und profitiert massiv davon.
China überflutet den Weltmarkt mit günstigen E-Autos und profitiert massiv davon.(Bild: AFP)

Strenge Ziele nicht mehr realistisch
Die Organisationen fordern, dass der Transformationsplan Europas über Idealismus hinausgeht und „die aktuellen industriellen und geopolitischen Realitäten“ berücksichtigt. „Die Erreichung der strengen CO2-Ziele für Pkw und Lieferwagen für 2030 und 2035 ist in der heutigen Welt einfach nicht mehr realistisch. Stattdessen muss der derzeitige Kurs zur CO2-Reduzierung im Straßenverkehr angepasst werden, um sicherzustellen, dass er den Klimazielen der EU entspricht und gleichzeitig die industrielle Wettbewerbsfähigkeit, den sozialen Zusammenhalt und die strategische Widerstandsfähigkeit der Lieferketten Europas gewährleistet.“

Nach Ansicht der Branchenverbände muss die Kommission dafür sorgen, dass „Europa seine wesentlichen Produktionskapazitäten und sein technologisches Know-how bewahrt“. „Ohne eine Politik, die die Wettbewerbsfähigkeit Europas stärkt, um die Produktion aufrechtzuerhalten, droht der Übergang unsere industrielle Basis zu untergraben und damit Innovation, hochwertige Arbeitsplätze und die Widerstandsfähigkeit der Lieferkette zu gefährden. Die Welt hat sich seit der Festlegung des aktuellen Kurses drastisch verändert, und die Strategie der EU für den Automobilsektor muss sich ebenfalls ändern.”

Konkret heißt das: Verbrennermotoren müssen auch nach 2035 – wenn auch mit deutlich umweltfreundlicherer Technologie – weiter produziert werden dürfen.

„Letzte Chance für EU“
ACEA und CLEPA sehen strategischen Dialog über die Zukunft der Automobilindustrie am 12. September als „den Moment, um das Ruder herumzureißen. Dies ist die letzte Chance für die EU, ihre Politik an die aktuellen marktwirtschaftlichen, geopolitischen und wirtschaftlichen Realitäten anzupassen, sonst läuft sie Gefahr, eine ihrer erfolgreichsten und weltweit wettbewerbsfähigsten Industrien zu gefährden.“

Das Verbrenner-Aus wackelt also gehörig, zumal es vor Jahren mit einem Delta von nur 25 Stimmen knapp beschlossen wurde. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte bereits angekündigt, bis 2026 das Verbot noch einmal zu überprüfen. 

„Das Verbrennerverbot kommt im Herbst 2025 wieder auf den Verhandlungstisch – das ist wohl die letzte Chance, die Automobilindustrie als europäische Schlüsselindustrie zu retten. Einseitige Verbote und die ideologische Energiewende sind ein Geschenk für China, während wir unsere Jobs und unseren Wohlstand für grüne Utopien opfern. Wir brauchen eine technologieoffene Politik, die Verbrenner und alternative Kraftstoffe einbezieht und realistische Ziele statt Utopien, um Wirtschaftskraft zu erhalten und Arbeitsplätze zu sichern“, sagt der zuständige EU-Abgeordnete Roman Haider (FPÖ) zur „Krone“. Er verhandelt ab Herbst mit.

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