Ängstliche Depression

Martin Pucher auf der Anklagebank? Fehlanzeige!

Burgenland
14.08.2025 15:22

Ein Gerichtsgutachter skizziert ein bedenkliches Bild vom Gesundheitszustand des Ex-Commerzialbank-Bosses, der für einen Schaden von mehr als 800 Millionen Euro gesorgt hat und nun Pflegegeld bezieht. Als Zeuge sollte der 69-Jährige allerdings bald einvernommen werden können.

Nach der 800-Millionenpleite der Commerzialbank Mattersburg im Juli 2020 ist immer noch ungewiss, ob Drahtzieher Martin Pucher je zur Verantwortung gezogen wird. Derzeit führt man am Landesgericht Eisenstadt Prozess gegen zwei pensionierte Unternehmer, die, auf Puchers Initiative, die Einleger durch finanzielle Tricks um rund 70 Millionen Euro gebracht haben sollen. Pucher sitzt daheim, er gilt bis dato als „nicht verhandlungsfähig.“ Dies wurde nun hinterfragt.

Hausbesuch im Bezirk Mattersburg
Der renommierte Psychiater und Neurologe Peter Hofmann, der seit 1997 Gerichtsgutachten erstellt, besuchte Pucher am 25. Juli und nahm den 69-Jährigen eingehend unter die Lupe. Der Mediziner berichtet am Landesgericht Eisenstadt von Herzinsuffizienz, Übergewicht, Inkontinenz, Zuckerkrankheit, Schlafstörung, Bluthochdruck, Stürzen, die alle zwei Wochen passieren, Oberschenkelhalsbruch, Mittellosigkeit, Existenzangst, sozialer Ächtung und von Pflegegeld, das Pucher bezieht.

Spaziergänge um den Swimmingpool
„Er kann alleine nicht aufstehen. Und es ist ihm auch nicht immer möglich, die Nahrung selbstständig zu sich zu nehmen.“ Laut Hofmann sei ihm nun das Haus im Bezirk Mattersburg zuerkannt worden. Dort umrunde Pucher als „eine Art Physiotherapie“ regelmäßig den Swimmingpool.

Die acht Filialen der Commerzialbank im Bezirk Mattersburg mussten im Juli 2020 geschlossen ...
Die acht Filialen der Commerzialbank im Bezirk Mattersburg mussten im Juli 2020 geschlossen werden.(Bild: P. Huber)

„Psychosomatische Gesamtstörung“
Aus diesen Beobachtungen, den Eindrücken und Gesprächen zieht Hofmann schließlich seine wissenschaftlichen Schlüsse. „Der Mann leidet nicht zuletzt wegen des Schlaganfalls 2015 unter einer psychosomatischen Gesamtstörung. Es gibt zu viele Risikofaktoren. Er hat eine Runderregung, eine hohe Grundangst, dass auf einer dieser Ebenen etwas passieren kann.“ Hofmann diagnostiziert eine „ängstliche Depression“ – deshalb sei Pucher auch weiterhin nicht in der Lage, sich als Beschuldigter gegen Vorwürfe zu verteidigen, einer Gerichtsverhandlung zu folgen, die Aussagen von Mitangeklagten zu reflektieren, sich strategisch seine Verantwortung zu überlegen und entsprechend auf Vorhalte zu reagieren.

Neuerliche Begutachtung in einem Jahr
Nun will man am Landesgericht wissen, ob Pucher, der durch seine Malversationen Hunderte, vielleicht Tausende Sparer um ihr Vermögen gebracht hat, niemals auf der Anklagebank Platz nehmen wird müssen. „Eine Besserung des Gesundheitszustandes ist möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich“, sagt Hofmann. „Gegebenenfalls könnte er in einem Jahr noch einmal begutachtet werden.“

Aussage als Zeuge ist möglich
Anders verhält es sich mit der Aussagefähigkeit als Zeuge. Hier ortet der Sachverständige durchaus die Möglichkeit, Pucher einzuvernehmen. „Er ist ja nicht dement! Er versteht Fragen und kann auch zielgerichtet darauf antworten.“ Als Zeuge wäre die Situation für ihn weniger belastend als für einen Beschuldigten. „Im Idealfall macht man eine Befragung von zu Hause aus per Videoschaltung.“ Dadurch wäre auch eine gewisse psychologische Distanz geschaffen. „Pucher wird dann nicht im Gerichtssaal mit den zahlreichen Verfahrensbeteiligten und den Kameras konfrontiert.“

Am Montag wird der Prozess gegen die zwei pensionierten Unternehmer fortgeführt. Dann wird der große Schöffensenat bekannt geben, ob Martin Pucher als Zeuge geladen wird. In welcher Form auch immer.

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