Mit neuem Gesetz

Selenskyj will Beamte mit Lügendetektor testen

Außenpolitik
25.07.2025 07:48

Nach scharfer Kritik der EU und massiven Protesten hat Präsident Selenskyj einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Unabhängigkeit der ukrainischen Anti-Korruptionsbehörden wiederherstellen soll. Allerdings sollen alle Mitarbeiter mit Zugang zu Staatsgeheimnissen Lügendetektortests unterzogen werden, kündigte Selenskyj an.

Mit regelmäßigen Kontrollen solle „jegliche russische Einmischung“ bei den staatlichen Stellen ausgeschlossen werden, erklärte das ukrainische Staatsoberhaupt am Donnerstagabend. Zuvor hatte Selenskyj den neuen Gesetzentwurf zur Arbeit der Anti-Korruptionsbehörden in das Parlament eingebracht. Dieser sieht Lügendetektortests innerhalb von sechs Monaten vor.

Trotzdem gab es in Kiew und anderen Städten des Landes erneut Proteste gegen ein Gesetz, mit dem die Anti-Korruptionskämpfer der Generalstaatsanwalt und damit letztlich auch dem Präsidenten unterstellt werden sollten. Selenskyjs hatte es erst am Dienstag trotz Kritik in einem Eilverfahren unterschrieben.

Demonstrationen drei Tage in Folge
Die Protestierenden forderten die Verabschiedung des neuen Gesetzes, das den Anti-Korruptionskämpfern ihre bisherigen Vollmachten wieder zubilligt. In Kiew versammelten sich die Demonstranten den dritten Tag infolge in Sichtweite des Präsidentensitzes. Die Zahl der Versammelten blieb aber mit einigen Hundert hinter den Zahlen des Vortags zurück.

Am Donnerstag wurde erneut in Kiew für die Unabhängigkeit der Anti-Korruptionsbehörden ...
Am Donnerstag wurde erneut in Kiew für die Unabhängigkeit der Anti-Korruptionsbehörden demonstriert.(Bild: AFP/Tetiana DZHAFAROVA)
Menschen in der Ukraine bringen ihren Unmut über das hohe Maß an Korruption zum Ausdruck.
Menschen in der Ukraine bringen ihren Unmut über das hohe Maß an Korruption zum Ausdruck.(Bild: AFP/SERGEY BOBOK)
Demonstranten zogen am Donnerstag durch die ukrainische Hauptstadt.
Demonstranten zogen am Donnerstag durch die ukrainische Hauptstadt.(Bild: AFP/SERGEY BOBOK)

„Der Gesetzentwurf stellt alle prozessualen Vollmachten wieder her und garantiert die Unabhängigkeit vom Nationalen Antikorruptionsbüro (NABU) und der Spezialisierten Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (SAP)“, schrieben die beiden Behörden nach Bekanntwerden des neuen Gesetzestextes auf ihren Telegramkanälen. NABU und SAP waren demnach an der Ausarbeitung des Gesetzentwurfs beteiligt.

Lügendetektortests in den Behörden gab es schon bisher, aber nicht in der angekündigten Dichte - mindestens alle zwei Jahre. Die erste Kontrolle soll laut Gesetzestext der Geheimdienst SBU ausführen, alle nachfolgenden eine verwaltungsinterne Kontrollstelle.

Selenskyj setzt auf Unterstützung von Merz
Selenskyj informierte nach eigenen Angaben auch den deutschen Kanzler Friedrich Merz über die jetzigen Änderungen. Er habe „Deutschland eingeladen, sich an der Begutachtung des Gesetzentwurfs durch Experten zu beteiligen. Friedrich hat mir seine Bereitschaft zur Unterstützung zugesichert.“ Geplant sei auch eine Einbeziehung anderer europäischer Partner wie Großbritannien und die EU.

Noch kein Termin für Abstimmung
Ein Zeitpunkt der Abstimmung in der Werchowna Rada steht noch nicht fest. Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk versprach, das Dokument in der nächsten Sitzung zur Abstimmung zu stellen. Abgeordneten zufolge ist das Parlament allerdings erst einmal bis Mitte August in den Sommerferien.

Die Gesetzesänderung am Dienstag hatte nicht nur Proteste in verschiedenen Städten ausgelöst. Auch in der EU stieß die Entscheidung auf Unverständnis. Der NABU und SAP waren 2015 mit westlicher Hilfe gegründet worden, um die notorische Korruption vor allem bei hochrangigen Politikern und in der Verwaltung zu bekämpfen. Das in die EU strebende Land gilt der Nichtregierungsorganisation Transparency International nach trotz aller Reformen als eines der korruptesten Länder Europas.

Innenpolitische Niederlage
Kritiker warfen Selenskyj autoritäre Tendenzen vor, indem er sich die lange Zeit unabhängige Behörden unterwerfen wollte. Dass er nun scheiterte, bezeichneten Kommentatoren als eine herbe politische Niederlage, die den Präsidenten angeschlagen zurücklasse.

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