Oberösterreich soll nun doch eine eigene Gewaltambulanz bekommen. Doch wie sehen die Erfahrungen bereits bestehender derartiger Einrichtungen aus? Wir sprachen mit einem Innsbrucker Arzt, der ganz überraschende Einblicke gab.
Nun soll doch auch Oberösterreich eine Gewaltambulanz bekommen. Das war bisher auch daran gescheitert, dass es in Linz keine eigene Gerichtsmedizin mehr gibt. Nachdem die „Krone“ über einen Vergewaltigungsfall berichtet hatte, bei dem das Opfer im Linzer Kepler Uniklinikum (KUK) abgewiesen wurde, stieg der Druck durch Frauenorganisationen, LH-Vize Christine Haberlander (ÖVP) lenkte ein.
Eine Gewaltambulanz ist wichtig, aber es gehört auch das Personal in allen anderen Ambulanzen entsprechend geschult.
Klaus Kapelari, Tirol Kliniken
Bild: Birbaumer Christof
320 Patienten in einem Jahr
Seit 2024 gibt es in den Kliniken Graz und Innsbruck und seit heuer auch in Wien solche Anlaufstellen. Doch wie gut funktionieren sie wirklich? Klaus Kapelari, medizinischer Leiter in Innsbruck, sagt: „Wir haben innerhalb eines Jahres 320 Patienten in unserer Gewaltschutzambulanz betreut, 105 davon waren Opfer von häuslicher Gewalt. Es wurden 41 Fotodokumentationen und 31 Verlaufsdokus angefertigt, 29 Patienten wurden psychologisch und forensisch untersucht.“
Nicht „nur“ sexualisierte Gewalt
Kapelari fasst den Wirkungsbereich einer Gewaltambulanz wesentlich weiter als „nur“ sexualisierte Gewalt betreffend: „Sehr oft sind auch Kinder von häuslicher Gewalt betroffen. Es gibt Schätzungen, dass 30 Prozent aller Patienten, die in Notfallambulanzen aufschlagen, Gewalterfahrungen im häuslichen Bereich gemacht haben. Deshalb ist es uns wichtig, das gesamte Personal in allen Notfallambulanzen darauf zu schulen. Es nützt nichts, wenn das Opfer vielleicht schon zu einem Arzt oder einer Pflegekraft Vertrauen geschöpft hat und dann weiter zur Gewaltambulanz geschickt wird.“ Generell sei Empathie das „Zauberwort“. Und sehr wichtig sei die gründliche Dokumentation der Verletzungen – der Großteil der Freisprüche in Vergewaltigungsprozessen erfolge mangels Beweisen.
Gewaltopfer-Betreuungsteam hat guten Ruf
Ausdrücklich lobt Kapelari übrigens das Gewaltopfer-Betreuungsteam (GOBT) im Linzer KUK. Dieses hatte im Vorjahr 500 Fälle mit Gewaltverletzungen dokumentiert, wie Eva Schuh, Leiterin des Gewaltschutzzentrums OÖ, weiß: „Der Bedarf für eine Gewaltambulanz ist offenbar gegeben.“
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