Nach einer Vergewaltigung wurde dem Opfer im Kepler Uniklinikum Linz nicht geholfen. Sozialarbeiterinnen wandten sich an die Öffentlichkeit, nach einem Bericht in der „Krone“ reagierten sowohl das Spital als auch die Politik. Während der mutmaßliche Täter weiter unbekannt ist, wird erneut der Ruf nach einer Gewaltambulanz laut.
„Wenn Sie Opfer von Gewalt sind, gehen Sie in unsere Spitäler, Sie sind dort gut aufgehoben.“ Mit diesen Worten schloss Frauenreferentin LH-Stv. Christine Haberlander (ÖVP) bei der Landtagssitzung am 6. März ihre Stellungnahme zur mündlichen Anfrage der SPÖ betreffend die Errichtung einer Gewaltambulanz in Oberösterreich. Dem folgte ein Initiativantrag von SPÖ und Grünen, dessen Dringlichkeit jedoch von Schwarz-Blau abgelehnt wurde.
Trotz Würgemalen weggeschickt
Kaum einen Monat später wurde – wie erst jetzt bekannt wurde – eine Obdachlose (45) vom Linzer Kepler Uniklinikum abgewiesen. Sie hatte mit zwei Sozialarbeiterinnen Anfang April nach einer mutmaßlichen Vergewaltigung das Spital aufgesucht. Trotz Würgemalen wurde sie dort nach der Erstaufnahme und Abgabe einer Harnprobe weggeschickt. Begründung: Das KUK hatte an dem Tag keine Aufnahme und nicht die nötigen Ressourcen, die Frau zu versorgen. Das psychisch instabile Gewaltopfer wollte nicht ins Aufnahmespital weiterfahren und lehnte auch eine Anzeige ab.
Petition gestartet
Didem Wenger (35) ist Rechtsanwaltsanwärterin und hat viele Gewaltprozesse begleitet. Vor drei Monaten hat sie eine Online-Petition zum Thema „Errichtung einer Gewaltambulanz in OÖ“ gestartet. Mittlerweile haben mehr als 7800 Personen unterschrieben, unter anderem das Gewaltschutzzentrum OÖ und das Autonome Frauenzentrum Linz.
Es muss eine Anlaufstelle in Oberösterreich geben, wo sich Gewaltbetroffene wohl und sicher fühlen. Wichtig ist eine sofortige Beweissicherung, die auch vor Gericht hält.
Didem Wenger, Initiatorin der Petition zur Errichtung einer Gewaltambulanz in Oberösterreich
Sicherung von Beweisen entscheidend
„Es muss eine Anlaufstelle für Gewaltbetroffene geben. Wichtig ist eine Beweissicherung, die auch vor Gericht hält“, so Wenger. Nicht selten würden Verfahren wegen fehlender Beweisbarkeit mit einem Freispruch enden. So ist auch der mutmaßliche Vergewaltiger der 45-Jährigen noch auf freiem Fuß.
Spital entschuldigt sich
Dass der Fall nicht ohne Konsequenzen bleiben darf, eint alle Verantwortlichen. SPÖ und Grüne erneuerten ihre Forderung, auch in OÖ eine Gewaltambulanz zu errichten, wie es sie in Wien, Tirol und der Steiermark bereits gibt. Franz Harnoncourt, Geschäftsführer des KUK, meint: „Wir bedauern den Vorfall und setzen alles daran, dass eine Abweisung eines Vergewaltigungsopfers künftig nicht mehr vorkommt.“
Runder Tisch einberufen
Mit den involvierten Mitarbeitern hätte es bereits Gespräche gegeben. Ähnliches kommt von Haberlander: „Es darf kein Opfer weggeschickt werden, das habe ich gegenüber dem Uniklinikum auch klargestellt. Alle Mitarbeiter sollen zu diesem Thema geschult und sensibilisiert werden.“ Zudem wird ein runder Tisch mit allen oö. Spitälern und der Polizei einberufen.
Stellen Sie sich vor, Sie werden vergewaltigt – und keinen interessiert’s. So ähnlich muss sich wohl die 45-jährige Obdachlose gefühlt haben, als man ihr im Krankenhaus erklärt hatte: „Heute keine Aufnahme, kommen Sie doch morgen wieder.“
Wie immer nach solchen Vorfällen wird jetzt wieder Bereitschaft signalisiert, derartiges Fehlverhalten künftig verhindern zu wollen. Es gibt viele Wortspenden, ob diesen auch Taten folgen, wird sich zeigen. Zählen tun ohnehin einzig die Opfer. Sie haben aber meist keine Stimme, weil sie – wie auch der aktuelle Fall zeigt – eh nicht ernst genommen werden.
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