General Philip Breedlove war Oberbefehlshaber der NATO, als Russland 2014 die Krim besetzte. Mit der „Krone“ sprach er in Wien über die aktuellen Friedensverhandlungen mit Russland, und die Idee von europäischen Truppen in der Ukraine.
„Krone“: General Breedlove, vergangene Woche haben große Hoffnungen auf den Friedensverhandlungen in der Türkei geruht, letztendlich sind sie geplatzt. Wie geht es weiter?
Philip Breedlove: Wäre Putin in die Türkei gekommen, wäre auch Trump gekommen, und Zelensky sowieso. Putin hat sich wiederholt unkooperativ gezeigt, und das wird ihn noch einiges kosten. Es zeigt wieder einmal, dass er kein Interesse an Verhandlungen hat, er will nur Zeit für einen militärischen Sieg gewinnen.
Darf man Russland besetzte, ukrainische Gebiete zugestehen? Oder wäre das eine Art von Kapitulation?
Momentan stellt Putin nur Forderungen auf, ohne Zugeständnissen. Würden wir auf alle eingehen und er auf keine, dann wäre das eine Kapitulation vor ihm, ja. Und soetwas ermutigt Putin nur noch weiter.
Wie sehen Sie die Idee, europäische Truppen zur Überwachung eines Friedens zu entsenden?
Ich glaube nicht, dass Putin an einem Frieden interessiert ist. Wir sollten vielmehr versuchen, den Konflikt für Russland unerträglich zu machen, sollte es einen möglichst Waffenstillstand brechen. Putin lehnt NATO-Truppen in der Ukraine vehement ab. Umso wichtiger wäre es jetzt für den Westen, zu zeigen, dass wir Putin etwas entgegensetzen wollen.
Sie sprechen von rein konventioneller Abschreckung?
Ja.
Wo ist Österreichs Platz in diesem Szenario? Spielen wir als kleiner, neutraler Staat irgendeine Rolle?
Eine der ersten Dinge, die ich als NATO-Befehlshaber gelernt habe, war: sag anderen Staaten nicht, was sie zu tun haben. Aber was ich aus meiner damaligen Rolle mitnehme, ist: Österreich hat eine lange Tradition, exzellente, smarte militärische Führungskräfte auszubilden. Ich dränge niemanden zur NATO, aber dieses Know-how in einen westlichen Verbund einzubringen, wäre ein großer Vorteil. Ihr habt eine sehr fähige, vorwärtsgerichtete Führungsebene, die eine große Rolle spielen kann. Sofern man jetzt in die Einsatzbereitschaft investiert.
Sie nennen immer wieder das Beispiel Finnland und Schweden.
Die beiden Staaten haben lange vor ihrem NATO-Beitritt viel Geld und Aufwand in ihre Streitkräfte gesteckt. Damit waren sie sehr schnell auf einem Niveau, um mit NATO-Nationen kooperieren zu können. Ich würde niemals Österreich sagen, was es zu tun hat, aber am Beispiel dieser zwei Länder sieht man, was für enorme Fähigkeiten in den Streitkräften steckten, und wie schnell sie diese in die NATO einbringen können, sollte der Westen gemeinsam einer Bedrohung gegenüberstehen.
Wie steigt Russland aus diesem Krieg aus? Personell, materiell und finanziell verbraucht? Oder stärker als zuvor?
Das ist eine sehr komplexe Frage. Zunächst leidet der industrielle Output unter den Verlusten an der Front. Die westlichen Sanktionen greifen endlich. Russland wird also schwächer. Doch Verbündete wie Iran, Nordkorea und China gleichen leider vieles aus.
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