230 Persönlichkeiten aus der heimischen Justizszene tauschten sich am ersten Aprilwochenende bei der 21. österreichischen Strafverteidigertagung in Salzburg aus. Dieses Mal lautete das Motto „He said. She said.“ – alles drehte sich um die Tücken des Sexualstrafrechts, wie etwa die kontradiktorischen Vernehmungen im Strafverfahren.
Der Wiener Rechtsanwalt Philipp Wolm war als Präsident der Vereinigung der Österreichischen StrafverteidigerInnen Gastgeber der Tagung, die sich auch die designierte Landeshauptfrau von Salzburg, Karoline Edtstadler, nicht entgehen ließ. Den Festvortrag zum Auftakt hielt der forensische Psychiater Frank Urbaniok. An den Podiumsdiskussionen beteiligten sich am Samstag Experten wie Ernst Schillhammer, Klaus Ainedter oder Sigrun Roßmanith. „Die hohe Zahl an Anmeldungen zeigt, wie aktuell das Thema ist“, sagte Wolm.
Nach einem angeregtem Austausch waren sich Österreichs Strafverteidiger bei der Tagung in Salzburg in Bezug auf Sexualstrafsachen einig: „Opfer“ sollen künftig im Verfahren „mutmaßliche Opfer“ genannt werden, zur Wahrung der Unschuldsvermutung.
Falschbeschuldiger sind anzuzeigen. Das sind schwere Straftaten. Es ist für das Gesamtsystem schlecht, wenn Falschbeschuldigungen nicht zur Verantwortung gezogen werden.
Forensischer Psychiater Frank Urbaniok
Denn bei Sexualdelikten sind Falschbeschuldigungen häufig: „Ich bin erschüttert, wie groß dieses Phänomen inzwischen ist“, meinte Psychiater Frank Urbaniok vor den hunderten Teilnehmern. Der deutsch-schweizerische Gutachter sagt: „Falschbeschuldiger sind anzuzeigen. Das sind schwere Straftaten. Es ist für das Gesamtsystem schlecht, wenn Falschbeschuldigungen nicht zur Verantwortung gezogen werden.“
Aussagepsychologische Gutachten gefordert
Zudem fordern die Anwälte eine fixe Berücksichtigung von aussagepsychologischen Gutachten: „Das würde die Qualität der Beweiswürdigung steigern“, ist Philipp Wolm, Präsident der Strafverteidiger-Vereinigung, überzeugt.
Opfer sollen in Hauptverhandlung aussagen
Auch eine schonende Vernehmung des mutmaßlichen Opfers bei der Hauptverhandlung, anstelle einer kontradiktorischen Einvernahme, sei wünschenswert. Seit einiger Zeit ist es üblich, dass Missbrauchsopfer im Gerichtssaal nicht mehr gegen den mutmaßlichen Täter aussagen müssen. Ihre auf Video aufgezeichneten Angaben im Vorverfahren werden in der Verhandlung abgespielt bzw. nur mehr verlesen. Das sei durchaus problematisch.
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