TÜV irregeführt?
Defekte Implantate: Firmenchef zieht Geständnis zurück
"Ich habe schon den Betrug zugegeben", sagte Mas in Marseille. "An diesen Verschleierungsaktionen" habe er aber "nie teilgenommen". Kurz nach Prozessauftakt vergangene Woche hatte der Hauptangeklagte eingeräumt, dass er seine Brustimplantate, von denen er weltweit Hunderttausende verkaufte, mit einem Billig-Silikon statt des zugelassenen Nusil-Gels gefüllt hatte (siehe Infobox). Die Einlagen reißen schneller und werden für Entzündungen verantwortlich gemacht. Keinen Nachweis gibt es bisher, dass sie auch Krebs auslösen. Mas bestreitet, dass seine Produkte gesundheitsgefährlich seien.
Der TÜV Rheinland hatte die PIP-Einlagen europaweit zertifiziert. Er tritt beim Prozess in Marseille als Nebenkläger auf, weil er sich selbst als Opfer des Betruges sieht. 5.250 Frauen - darunter 73 Österreicherinnen - klagen gegen Mas und vier einst leitende Angestellte seiner Firma, die seit 2010 pleite ist. Die frühere Qualitätschefin Hannelore Font sagte in dem Prozess diese Woche aus, dass Mas ihr bei den TÜV-Kontrollen einen USB-Stick mit falschen Rechnungsunterlagen gegeben habe.
Mas bestreitet Anweisungen, die er 2010 zugegeben hatte
Mas hatte 2010 im Polizeiverhör gestanden, dass er die "Anweisung" an seine Mitarbeiter gegeben habe, alle Unterlagen und ganze Container mit dem Billig-Silikon vor den angekündigten TÜV-Kontrollen zur Seite zu schaffen. Das sei "Routine" gewesen. Nun sagte er: "Ich sehe nicht, warum ich Anweisungen geben hätte sollen, wenn es Routine war." Er sei im Polizeigewahrsam "sehr destabilisiert" gewesen. Der Beamte im Verhör sei "sehr heftig" ihm gegenüber aufgetreten.
Der Ex-Chef versicherte auch, dass er von 2005 bis 2010 keinen Kontakt zum TÜV gehabt habe, weil er keine operative Funktion in der südfranzösischen Firma gehabt habe. Mas stand damals an der Spitze des Aufsichtsrates, die Leitung von PIP oblag dem Mitangeklagten Claude Couty. Davor sei Qualitätschefin Font dafür zuständig gewesen, sagte Mas.
Der 73-Jährige muss sich zusammen mit den vier Mitangeklagten wegen des Vorwurfs der schweren Täuschung und des Betrugs vor Gericht verantworten. Ihm drohen fünf Jahre Haft.
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