Der Versuch, mittels Verboten zeitgeschichtliche Kultur zu zensurieren, trifft derzeit die Musik. Momentan geht es um ein Lied aus dem Jahr 1999, weil es Rassisten für sich entdeckt haben. Viele Menschen empören sich jetzt über selbst ernannte „Sittenwächter“.
„Ich werde mit dir fliegen“, heißt es übersetzt im Text eines Liedes, das 1999 weltweit die Herzen unzähliger Musikfans im Sturm eroberte. „L’amour toujours“, herausgebracht vom italienischen Star-DJ Gigi D’Agostino (55), handelt, wie er selbst am Sonntag im großen „Krone“-Interview betonte, „von der universellen Liebe und von Menschen, die sich in den Armen liegen und sich vereint fühlen“.
Rassisten kapern Song
Nun, 25 Jahre nach Erscheinen, liegen sich erneut Menschen in den Armen – allerdings geeint durch einen ganz anderen Gedanken. Wie berichtet, grölten Partygäste auf der Nordseeinsel Sylt, in Kärnten und Niederösterreich rassistische Parolen zu dem Lied. Und ersetzten eine musikalische Sequenz mit „Deutschland den Deutschen. Ausländer raus!“ Ein Skandal, dessen Konsequenzen eigentlich die Beteiligten ausbaden müssten.
Denkt man zumindest. Denn nun muss das der DJ selbst. Große Radiosender spielen seinen Song nicht mehr, auch das Oktoberfest nimmt davon Abstand. Die UEFA verbot der österreichischen Nationalmannschaft, das Lied als Torhymne bei der EM zu verwenden. Die „Cancel Culture“ (siehe Infokasten unten) ist zurück – und das mit einer Wucht, die ihresgleichen sucht. Neu ist das Phänomen allerdings nicht, wie viele Beispiele der vergangenen Jahre zeigen.
Bei Winnetou & Karl May schwappte der Ärger über
Für besonderen Unmut verärgerter Bürger sorgte im August 2022 ein absurder Kampf gegen Winnetou. Buchverlag und ARD waren auf Kriegspfad gegen den legendären Apachen-Häuptling. Die Empörung über die gezielte Hetze gegen Autor Karl May war enorm. „Diese Wokies können mich mal. Karl May ist Teil unserer Kultur, unserer Kindheit, unseres Lebens“, machte Star-Schauspielerin Anja Kruse ihrem Ärger über die geplante Einstellung der Winnetou-Abenteuer mit Pierre Brice und Lex Barker am TV-Bildschirm Luft.
Selbst James Bond wurde zensuriert – also die Romane des Autors Ian Fleming, da diese „rassistische Begriffe und anstößige Passagen“ enthielten. Kein Verständnis dafür zeigt Univ.-Prof. Günther Stocker: „Romane und Erzählungen müssen stets in ihrem geschichtlichen Kontext betrachtet werden“, so der Wiener Literaturexperte, „ist das Buch tatsächlich menschenverachtend, stellt sich die Frage, warum man es überhaupt neu auflegt. Die Praxis des blanken Umschreibens ist eine Entmündigung des erwachsenen Lesers.“
Aber selbst Kinderfilme oder Klassiker wie „Peter Pan“, „Das Dschungelbuch“, „Die Simpsons“ oder „Dumbo“-Zeichentrickfilme fielen der Zensur-Schere zum Opfer, da sie angeblich „viele problematische Szenen“ enthielten …
Das muss aufhören!
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