krone.at-Kommentar

Die wundersame Wandlung des ORF-Experten Peter P.

Sport
29.10.2012 11:31
Als (Rapid-)Trainer fühlte er sich stets von "Vollkoffern", "Vogelsendern" und "Schweindelzeitungen" verfolgt. Er verteilte nicht zuletzt an ORF-Kapazunder gönnerhaft verbale Breitseiten. Kaum auf der Payroll des Staatsfunks, brilliert der Wiener Schmähbruder als galanter, geradezu warmherziger Wortjongleur, wie bei Rapid gegen Salzburg wieder zu bestaunen war. Michael Fally über die wundersame Wandlung des nunmehrigen ORF-Experten Peter Pacult und die Leistung des Senders, dem offenbar gelungen ist, was weder Rapid noch Red Bull zustandebrachten: Pacult salonfähig zu machen.

Das waren noch Zeiten: Der Rapid-Coach Peter Pacult reckte seine Mittelfinger in den Gästesektor des Hanappi-Stadions, herrschte "ahnungslose" (ORF-)Journalisten vor laufenden Kameras nicht jugendfrei an, adelte sie bisweilen zu "Vollkoffern" mit der Gabe, Inhalte, die "an Blödheit nicht zu überbieten" sind, abzusondern. Sogar Pressekonferenzen mussten abgebrochen werden. YouTube ist voll mit extravaganten Schmankerln made in Floridsdorf.

Bedauernswerter Rapid-Pressesprecher
Der ehemalige Rapid-Pressechef Sharif Shoukry hatte mit "Terrier" Peter alle Hände voll zu tun. Kaum hatte Shoukry versucht, Pacult einen "Beißkorb" umzuhängen, riss ihn sich der wortgewaltige Cheftrainer wieder vom austrainierten Körper.

Zur Illustration: Pressekonferenz in Hütteldorf, Vorschau auf das Meisterschaftsspiel gegen den LASK. Am Rande des Gesprächs fragt eine Journalistin Pacult nach dessen Meinung zur Tatsache, dass die Rapid-Viertelstunde zur Ernennung zum Weltkulturerbe nominiert ist. Pacults Gesicht wird von einem süffisanten Grinser durchzogen, er stammelt scharfzüngig in die Mikrofone: "Dann müssten ja auch die steirischen Äpfel zum Weltkulturerbe ernannt werden. Oder bei mir in Floridsdorf, da gibt's einen super Heurigen. Soll der nicht auch zum Weltkulturerbe ernannt werden?"

Glücklich über das gefundene Fressen eile ich in die Redaktion, um in die Tasten zu hämmern und Pacults Sager online zu bringen. Kaum zwei Stunden später ereilt mich ein Anruf des leicht aufgelösten Pressesprechers Shoukry: Ob ich denn den Artikel nicht offline nehmen könnte. "Peter war auf solche Fragen nicht vorbereitet. Wenn das der Präsident liest, wäre das nicht gut."

Vom Saulus zum Paulus
Heute hätte Shoukry seine Freude an Pacult, den er auch zu RB Leipzig begleitete, wo Pacult mit dem angeblichen "Schwule Sau"-Sager für Aufsehen sorgte. Nach seinem dortigen Rauswurf heuerte der Ur-Wiener beim seinerzeit oft gescholtenen ORF an. Und urplötzlich sind sie verschwunden, die von Journalisten so gefürchteten Launen. Da kann der ORF-Moderator noch so einfach gestrickt, die Frage noch so geistlos und banal sein - Pacult gibt sich streichelweich, stets zuvorkommend und analysiert - wenn auch grammatikalisch nicht immer sattelfest - meist treffend und originell.

Wie ist diese wundersame Wandlung vom cholerischen Saulus zum zahmen Paulus zu erklären? Warum bissen sich sowohl Rapid als auch Red Bull die Zähne daran aus, den launischen Peter salonfähig zu machen, während es der ORF anscheinend im Handumdrehen schaffte?

Staatsmännisch statt gehässig
Das Salär vom ORF hat Pacult wohl kaum nötig. Geld als Motiv zur Rundumerneuerung seines Images scheidet aus. Dass Pacult jetzt weit weniger unter Druck steht als noch zu Zeiten, in denen er als Cheftrainer für die Launen seiner Spieler den Kopf hinhalten musste? Spielt vielleicht eine Rolle.

Viel wahrscheinlicher: PP will, so sagt er selbst, irgendwann wieder zurück auf die Trainerbank. Und für ein solches Amt betreibt man nun einmal effektivere Eigenwerbung, wenn man sich eloquent und staatsmännisch statt launisch und gehässig gibt.

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(Bild: KMM)



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