Ederer im Visier

Erpressungsvorwurf gegen Siemens-Personalchefin

Wirtschaft
10.08.2012 13:15
Dem deutschen Konzern Siemens steht Ärger mit der französischen Justiz ins Haus - und auch Österreich ist indirekt beteiligt. Denn die Wurzel des Konflikts ist ein Brief, den Siemens-Personalchefin Brigitte Ederer (Bild), Wienerin und ehemalige SPÖ-Politikerin, im Rennen um einen U-Bahn-Auftrag an Lilles Bürgermeisterin Martine Aubry gesendet hatte. Während Siemens in dem Schreiben lediglich einen "Appell für eine faire Vergabe" sieht, sprechen französische Offizielle von "erpresserischer Einflussnahme auf die Politik". Die örtliche Staatsanwaltschaft ermittelt.

Bürgermeisterin Aubry hatte Siemens bereits Ende Juni in einer öffentlichen Ratssitzung vorgeworfen, Druck auf die Politik in Lille ausgeübt zu haben, um doch noch an den gut 200 Millionen Euro schweren U-Bahn-Auftrag zu gelangen und den französischen Rivalen Alstom auszustechen.

Der Inhalt des Briefs wird offensichtlich unterschiedlich ausgelegt. Aubry zufolge habe Siemens mit Einschnitten bei der französischen Landesgesellschaft gedroht, nachdem Lille im Mai den Auftrag an Alstom vergeben hatte. Gegen diese Entscheidung ging Siemens vor.

Das Schreiben habe "eine gewisse Anzahl erpresserischer Botschaften enthalten", wird Aubry, die auch Parteichefin der Sozialisten in Frankreich ist, in der "Financial Times Deutschland" zitiert.

"Ausschreibung war nicht fair"
Aus dem Siemens-Umfeld heißt es allerdings, Ederer habe in ihrer Funktion als für Europa zuständiges Vorstandsmitglied lediglich einen fairen Wettbewerb gefordert. Man habe sich bei der Ausschreibung ungerecht behandelt gefühlt.

In seinem jüngsten vierteljährlichen Bericht über Rechtsstreitigkeiten, mit dem das Unternehmen unter anderem über den Stand der Folgen seines milliardenschweren Schmiergeldskandals unterrichtet, erwähnt Siemens den Konflikt nicht.

Auftragsflaute macht Siemens zu schaffen
Der Konzern hat traditionell im Bahngeschäft in Frankreich einen schweren Stand. Lange lieferte sich Alstom mit den Münchnern einen Rechtsstreit, nachdem Siemens den prestigeträchtigen Auftrag für neue Züge im Tunnel unter dem Ärmelkanal gewonnen hatte. Die Staatsbahn SNCF kauft ihre Züge traditionell im Heimatland, Zugaufträge für ausländische Hersteller sind rar.

Siemens hatte allerdings die Franzosen vergrämt, als es aus dem gemeinsamen Reaktorbau-Unternehmen Areva NP ausstieg, um sich der russischen Rosatom als Partner anzudienen. Aus den Plänen wurde nichts, ein Pariser Schiedsgericht brummte Siemens wegen Vertragsbruchs eine Strafe von rund 650 Millionen Euro plus Zinsen auf.

Siemens steht derzeit geschäftlich unter Druck: Die beginnende Konjunkturflaute macht dem Konzern zu schaffen. Der Auftragseingang sackte im dritten Geschäftsquartal um ein Drittel auf 17,8 Milliarden Euro ab. Während vor einem Jahr vor allem die Bahntechnik der Münchner noch weltweit stark gefragt war, ging dieses Geschäft in diesem Jahr vor allem wegen der Zurückhaltung der Chinesen zurück.

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