„Kein Allheilmittel“

OGH-Chef skeptisch bei Senkung der Strafmündigkeit

Österreich
09.03.2024 16:16

Der Präsident des Obersten Gerichtshofs (OGH), Georg Kodek, sieht eine mögliche Absenkung der Strafmündigkeit skeptisch. Das Gefängnis sei „kein Allheilmittel“, warnte Kodek am Samstag. „Ich warne vor überzogenen Erwartungen, das Strafrecht kann - wenn überhaupt - nur ein kleiner Teil der Lösung sein“, so Kodek. Für Verfahren gegen Politiker schlägt der OGH-Präsident die Einsetzung eines Sonderanklägers vor.

In der aktuellen Debatte um eine Senkung der Strafmündigkeit mahnte der OGH-Präsident in der Ö1-Reihe „Im Journal zu Gast“ zu „Vorsicht und Besonnenheit“. Zu denken sei an verstärkte Betreuung durch Psychologen, Integrationsberater und ein Zusammenwirken vieler Stellen. „Ein Wegsperren allein wäre keine Lösung.“ Jedoch die Vermittlung von Werten von außen sei als Gesellschaft schwer, wenn diese nicht vom Elternhaus und der sozialen Umgebung vermittelt würden, meinte Kodek, der seit Jänner an der Spitze des OGH steht.

Sonderankläger wie in den USA sei erwägenswert
Keinen dringenden Reformbedarf sieht Kodek beim Weisungsrecht. Die Gefahr politischer Weisungen gebe es nicht: „In den letzten Jahren oder Jahrzehnten gibt es das nicht mehr“, so der OGH-Präsident. Statt der Einrichtung einer Generalstaatsanwaltschaft wäre es laut Kodek erwägenswert, für die wenigen Verfahren gegen Politiker einen Sonderankläger ähnlich wie in den USA einzusetzen. Dieser stehe außerhalb der Weisungshierarchie, „alle anderen Verfahren könnten wie bisher abgewickelt werden“.

Präventivhaft für Aktivisten nur „Beruhigungspille“ 
Der OGH-Präsident sprach sich auch gegen eine Verschärfung der Strafen für Klimaaktivisten, die Straßen blockieren, aus und äußerte Zweifel über die Wirksamkeit einer möglichen Präventivhaft für potenzielle Terroristen. „Ich kann mir vorstellen, dass wenn man das grundrechtskonform ausgestaltet, dass kaum Fälle überbleiben“, so Kodek. Ein Wegsperren aller, die irgendwie verdächtig wären, sei nach österreichischer Rechtslage nicht möglich. Eine Präventivhaft wäre daher wohl mehr eine „Beruhigungspille“ in der Diskussion.

Eine Reform wünscht sich Kodek beim Kostenersatz für Beschuldigte bei Freisprüchen, er wollte sich aber auf keine konkrete Zahl festlegen. „Es wirkt derzeit der Kostenersatz oder genauer dessen Unzulänglichkeiten ein bisschen wie eine Verdachtsstrafe, das kann es im 21. Jahrhundert nicht sein.“

 krone.at
krone.at
 krone.at
krone.at
Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.



Kostenlose Spiele