Trauma durch Krieg

Seelischer Schmerz kann vererbt werden

Ombudsfrau
02.03.2024 06:00

Man muss Krieg oder Folter nicht selbst erlebt haben, um an den Folgen zu leiden. Hilfe bekommen Kinder und Erwachsene bei Hemayat in Wien. Wie er dadurch  „Weiterleben“ konnte, hat ein Betroffener gemeinsam mit seiner Therapeutin nun in einem Buch festgehalten.

„Wir erleben Kinder, die beim Anblick von Menschen in Uniform ohnmächtig werden, obwohl sie selbst hier in Österreich geboren und in Sicherheit aufgewachsen sind“, erzählt Cecilia Heiss, Leiterin des Betreuungszentrums und Psychologin. „Traumatisierte Menschen, Opfer von Krieg und Folter, die unsere Klienten sind, können ihre Probleme an Nachkommen weitergeben!“ In der Folge können Kinder psychische Störungen entwickeln, die ihren Ursprung in den Traumata der Eltern haben.

Dieses Phänomen kennen auch Familien in Österreich, die Erben der Nachkriegsgeneration. Meist wird darüber nicht besprochen. Das Erlebte lastet zu schwer. Die Kriegsfolgenforschung hat dazu eindeutige Erkenntnisse gewonnen. Und ganz aktuell sind Menschen davon betroffen, die vor Krieg und Folter in fernen Ländern geflohen sind. 


Ohne Behandlung lebenslange Folgen
Es gibt Erlebnisse, die die normalen Bewältigungsmechanismen so überfordern, dass eine psychische Verletzung entsteht - ein Trauma. Besonders schlimm ist diese Verletzung, wenn sie - wie bei Krieg und Folter - durch andere Menschen verursacht wird. Danach ist nichts mehr, wie es vorher war. Unbehandelt können die Folgen einer Traumatisierung zu chronischen physischen und psychischen Folgeerkrankungen führen und lebenslang anhalten. Damit beeinträchtigen sie nicht nur die gesellschaftliche Integration der Betroffenen, sondern die Traumatisierung wird eben auch an die nächste Generation weitergegeben.

 
Hemayat behandelt seit knapp 30 Jahren Menschen, die aufgrund von Krieg und Folter an Traumafolgestörungen leiden. In der Therapie geht es darum, Leid zu mindern, das heißt Ängste reduzieren, körperliche Beschwerden, die seelischen Ursprung haben, verringern, die Schlafqualität verbessern, überschießende Gefühle kontrollieren lernen, Selbstvertrauen und Lebensfreude wiedererlangen.

Buch soll Betroffenen Hoffnung machen
Therapeutin Nina Hermann hat gemeinsam mit Admir Hasanovic, den sie sieben Jahre lang im Rahmen des Betreuungszentrums psychotherapeutisch begleitet hat, das Buch „Weiterleben, Trauma Bosnienkrieg - Worte finden“ (ISBN 978-3-99126-217-6) geschrieben. Es erzählt seine Geschichte, auch für alle, die selbst unter den Folgen von Krieg und Folter leiden. Es soll Hoffnung schaffen und aufzeigen, wie Psychotherapie dabei unterstützen kann, mit erlebtem Leid besser umzugehen.

Kein „unbrauchbarer Mensch“ mehr
Wenn das gelingt, kehren Hoffnung und Zuversicht zurück, wie Admir Hasanovic schildert: „Ich bin jetzt ruhiger, viel ruhiger und ja, ich habe Pläne. Ich möchte diesem Land etwas zurückgeben, meinen Beitrag leisten, irgendjemanden helfen. Am Anfang, als ich in dieses Land gekommen bin, habe ich mich arm gefühlt, als unbrauchbarer Mensch, auf den die Leute wie auf eine Ameise steigen. Aber jetzt habe ich einen anderen Blick auf die Welt, keinen Tunnelblick mehr, sondern einen hellen.“

Die Arbeit von Hemayat kann man mit einer Spende unterstützen.

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