Riccardo Muti, Liebling der „Wiener“, Doyen der internationalen Dirigentenszene und Ehrendirigent der Chicago Symphony auf Lebenszeit, gastiert ab morgen im Musikverein. Der „Krone“ gab er davor eines seiner seltenen Interviews.
Dreizehn Jahre lang führte er das weltberühmte Chicago Symphony Orchestra in den USA und auf Tourneen von Triumph zu Triumph: Er hat - wie er sagt - den „Klangkörper mit dem virtuosen Blech europäischer“ gemacht; Muti: „Ein guter Chef muss vorhandene Qualitäten bewahren und zugleich neue hinzufügen. Als ich 2007 in Chicago als Music Director startete, hatte ich das Gefühl, ich müsse dem Chicago-Sound mediterrane Sonne, Entspannung, italienischen Humor beibringen.“
Muti (82), der neapolitanische Grandseigneur - mit dem „elegantesten Frack seit Herbert von Karajan“ -, ist ein nobler Kämpfer mit magischer Ausstrahlung. Sein Credo: „Der Stand des Dirigenten ist kein Power-Kontinent, sondern eher eine Insel der Einsamkeit.“ Das bewies er 1986 bis 2005 als Musikchef der Mailänder Scala. Auch in Chicago setzte er seine Vorstellungen mit Leidenschaft und welt-männischer Eleganz durch. Nun sagte er seinen „Chicagoern“ goodbye und ciao.
Sofort zum Ehrendirigenten auf Lebenszeit gekürt, tourt er nun mit ihnen durch Europa, gastiert u. a. an der Mailänder Scala, in Paris und ab morgen, Montag, im Wiener Musikverein. Mit Richard Strauss, Prokofjew, Strawinsky und „Amerikanischem“ von Philip Glass & Florence Price. „Ich freue mich schon auf Wien“, sagte er, noch in Ravenna, dessen Festivalchef er ist.
Musik gegen die Unkultur
„Wien ist meine zweite Heimat! Weil mich mit vielen Wiener Philharmoniker-Musikern eine Freundschaft fürs Leben verbindet.“ Und fast sentimental: „Sie sind Teil meines Lebens - ich habe von ihnen gelernt, was Wiener Klang ist, dieser ,crazy sound‘, den man unberührt bewahren muss. In Japan versuche ich in Workshops, das Musikstudenten verständlich zu machen. Musik ist die einzige Form der Kommunikation, die diese schreckliche Welt zusammenbringen kann, dieses politisch konfuse Europa, das seine Identität verliert, in Unkultur schlittert.“
Jetzt ist Muti in Wien: Vorgespräche fürs Neujahrskonzert 2025, das sein siebentes ist, sind ebenso geplant wie über sein Abonnementkonzert mit den „Wienern“ (4., 5., 6., 7. Mai). Da dirigiert er Beethovens 9. Symphonie, die am 7. Mai vor 200 Jahren im Wiener Theater am Kärnthnertor uraufgeführt wurde. Und am 11. Mai lädt er die „Wiener“ ein, erstmals sein Ravenna-Festival zu eröffnen.
In Italien gehen die Wogen wegen Giuseppe Verdis Villa Sant’Agata bei Busseto hoch. Muti: „Sie sollte verkauft werden. Eine Kulturschande, die wir verhindern müssen. Gespräche laufen bereits. Im Garten steht jetzt eine Verdi-Büste.“
Und dann lacht Muti: „Es wurden auch zwei Gedenksteine aufgestellt, einer für Arturo Toscanini und einer für mich . . . Hoffentlich kommen nicht alle Hunde der Umgebung, um an meinem Stein ihr ,fare pipi‘ zu erledigen.“
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