„Horrende“ Erhöhungen

Anstieg: „5-Euro-Mieter“ gehen auf die Barrikaden

Tirol
10.11.2023 12:00

Zwei Mieterhöhungen in einem Jahr - das war für die Mieter der Sozialwohnungen am Zwieselweg im Tiroler Haiming (Bezirk Imst) zu viel. Die Erhöhung der Akontierungen um fast 50 Prozent will man sich nicht gefallen lassen - ein Kampf gegen Windmühlen. Die Neue Heimat Tirol (NHT) als Vermieter verteidigt sich, sie habe keine andere Wahl. 

Es war durchaus eine kleine Revolution beim Thema „Leistbares Wohnen“, die sogenannten „5-Euro-Wohnungen“. Erdacht vom Land Tirol, sollte für sozial Schwache durch einen möglichst günstigen Bau von gemeinnützigen Wohnungen (Baurecht statt Grundkauf, Keine Tiefgaragen etc.) die Quadratmetermiete bei rund fünf Euro liegen. 2017 wurden die ersten von der gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft Neue Heimat Tirol (NHT, im Eigentum des Landes Tirol und der Stadt Innsbruck) in Schwaz realisiert, 2020 wurden 23 Mietwohnungen im Haiminger Zwieselweg übergeben – übrigens bis dato das einzige derartige Projekt im Tiroler Oberland.

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Die Steigerung bei mir ist fast 50 Prozent, das hat mit Sozialwohnung nichts mehr zu tun.

Mieter Christian Strasser

Mieter kontaktiert Georg Dornauer via Facebook
Dort rumort es allerdings schon länger. „Die Miete ist heuer bereits zum zweiten Mal erhöht worden“, klagt Christian Strasser, „und das in einer unglaublichen Dimension. Die Steigerung bei mir ist fast 50 Prozent, das hat mit Sozialwohnung nichts mehr zu tun.“ Sahin Özdemir spricht sogar von einer Verdoppelung. Man hatte bereits im Juni im Beisein der Bürgermeisterin eine Mieterversammlung abgehalten. „Der Sozialausschuss und ich haben anschließend mit der NHT Kontakt aufgenommen, wir konnten allerdings nichts erreichen“, schildert BM Michaela Ofner.

Auch Herr Strasser hat Kontakt aufgenommen – und zwar via Facebook mit dem Wohnbaureferenten des Landes, LHStv. Georg Dornauer. Dieser leitete offenbar den „Fall Strasser“ an die NHT weiter und bekam prompt die finanziellen Details retour. Der Schriftwechsel wurde der „Krone“ von Strasser offengelegt. Demnach hätten die 67 Quadratmeter bei Bezug vor drei Jahren 342,36 Euro „all-inclusive“ gekostet, jetzt sei man bei einer Miethöhe von 495,67 Euro. Der Bankkredit sei von anteilig 165 auf 271 Euro gestiegen, Betriebskosten und Heizung von 121 auf 145 Euro (Passivhaus) und der Parkplatz von 30 auf 35 Euro.

Bemerkung des NHT-Mitarbeiters am Ende der Ausführungen: „Eine Dreizimmerwohnung unter 500 Euro dürfte wohl leistbar sein, oder?“

„95 Prozent der Zahlungen sind für uns Durchlaufposten
Diese detaillierten Infos habe Strasser nicht bekommen: „Ich habe etwa zehnmal angerufen und bin immer abgeblockt worden.“ NHT-Geschäftsführer Markus Pollo kann das nicht glauben: „Wir haben ein Kundencenter. Die Anrufe bekommen sogar ein Ticket und es wird zurückgerufen.“ Pollo weiß um die Aufregung in der Mieterschaft generell, beschreibt aber eine gewisse Machtlosigkeit: „Rund 95 Prozent der Zahlungen der Mieter sind für uns Durchlaufposten. Wir wissen, dass Energie- und Darlehenskosten enorm gestiegen sind. Wir mussten mit den Akontovorschreibungen heuer reagieren, um hohe Nachzahlungen zu vermeiden.“

Man müsse die Kirche im Dorf lassen und realisieren, dass dieses Wohnen immer noch „extrem günstig“ ist.

5-Euro-Wohnen wurde zum 7,3-Euro-Wohnen
Und man müsse mit absoluten Zahlen arbeiten. 100 Euro seien im 500-Euro-Bereich prozentual das Doppelte als im 1000-Euro-Bereich. „Die angebliche Verdoppelung der Miete von Herrn Özdemir stimmt nicht“, so Pollo weiter, der aufgrund des Datenschutzes lediglich ein Referenzbeispiel einer Wohnung am Zwieselweg präsentieren kann: „49-Quadratmeter-Wohnung bei Bezug im November 2020 235, 1. Jänner des Jahres 298 und heuer am 1. Juli 358 Euro. Die Miete pro Quadratmeter ist also von 5 auf 7,3 Euro brutto warm gestiegen, seit Bezug wohlgemerkt. Das gilt auch bei Herrn Özdemir.“

Eine Neubauwohnung komme auf eine Miete von rund 12 €/m2. Die NHT habe beispielsweise die Verwaltungskosten heuer nicht erhöht. Und man habe historisch erstmalig 26 Mio. Euro für mietdämpfende Maßnahmen in die Hand genommen. „Sie können mir glauben“, so Pollo abschließend, „wir kämpfen Tag für Tag um leistbares Wohnen in Tirol.“

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