Wiener Volkstheater

Jonathan Meese: „Bin gern Mutterzsöhnchen“

Kultur
01.11.2023 16:06

Deutschlands  exzentrischer Malerstar Jonathan Meese gastiert   mit seiner Mutter Brigitte heute in einem Talk „Mutterzsöhnchen und Kunstglück“ im Volkstheater. Die „Krone“ sprach vor seinem Auftritt mit Jonathan Meese.

Wo „Johnny, the Artkid“ auftritt, sorgt er für Aufsehen: Jonathan Meese (53), der in Tokio geborene, exzentrische deutsche  Malerstar, dessen Bilder, bereits bis an die 100.000 Euro erzielen, schockiert immer wieder. Ob er Bayreuths Chefin Katharina Wagner mit seinen Entwürfen so herausfordert, dass sie ihm eine „Parsifal“-Produktion wegnimmt, ob er diesen „Parsifal“ im Theater an der Wien zum Aufreger macht, Hakenkreuze malt _ ohne dafür Sympathie zu empfinden _ oder die „Diktatur der Kunst“ ausruft, in der „totale Schönheit herrscht“, immer fühlt er sich als der „mutige Krieger der Kunst“. Nach seinen spektakulären „Dr. Mabuse/Lolita“-Stücken gastiert er heute wieder im Volkstheater: mit seiner Mutter - und Muse - Brigitte (93)  plaudert er über „Mutterzsöhnchen & Kunstglück“. „Mutterz Meese gibt wesentliche Impulse für die Meesekunst“, konstatiert er im „Krone“-Gespräch. „Ich bin sehr gern Mutterzsöhnchen.“

„Kronenzeitung“: Planen Sie im Volkstheater ein Gespräch über Ereignisse im Leben Ihrer Mutter und über private Situationen in der Beziehung Mutter/Sohn? Inspiriert, beeinflusst oder prägt Ihre Mutter Ihr Leben, Ihren Alltag und Ihre künstlerische Arbeit? Und was bedeutet für Sie der Begriff „Kunstglück“?
Jonathan Meese: „Mutterzsöhnchen im Kunstglück“ ist eine Kunstaktion, die das Beziehungsgeflecht „Mutter und Sohn“ zum Thema hat. Die Erzmutter der Kunst, Mutterz Meese, ist allgegenwärtig und gibt wesentliche Impulse für die Meesekunst! Ich, Johnny das Kunstkind, bin sehrst gerne Mutterzsöhnchen, das ist immer eine tolle Rolle in der Kunst, siehe Warhol, Fassbinder, Nero und der „Kleine Mumin“! Meine Mami ist für mich „Unwählbarste Autorität“, die totalsteigenste, hermetischste, unabhängigste und zukünftigste Natur, deshalb auch oft Erzbrigitte, Mutterz der Natyrns, genannt. Wir werden auf der Bühne der Kunst über unser evolutionärstes Kunstverhältnis sprechen und es werden viele Fotos, Zeichnungen, Kostüme, Uniformen und Manifeste präsentiert. Alles wird mit Liebe gemacht, das ist Kunst!

Im Zusammenhang mit Ihrem vielfältigen Schaffen haben Kulturwissenschaftler von „neurotischem Realismus mit einem spektakulären Hang zur Wiedergabe von Angstgefühlen, Depressionen und Zwangsphänomenen“ gesprochen. Welche Rolle spielen solche Situationen für Sie beim Arbeiten?
Alle Kunstliebenden haben notwendigste Probleme mit jeder Realität, denn sie ist oft unerträglichst. Ich leide besonders unter den Zynismen der Realität, deshalb sind die Gegenwelten, Antirealitäten, Traumwelten und die Sehnsuchtswelten in der Kunst so wichtig. Meine Gefühle und die Realität sind aber für die Kunst nicht relevant.

Die Kunst gibt uns die Möglichkeit alle Ideologien hinter uns zu lassen und die Realität zu überwinden. Realität ist keine Währung für die Kunst. Kunst überwindet Ängste vor politischen und religiösen Korsetten, indem sie sie sprengt. Ich selbst bin weder depressiv noch ängstlich, sondern unbeirrbar ein mutiger Krieger der Kunst. Aber ich verarbeite pausenlos die Angst, die Depression und die Zwangsneurotik von Staaten, Nationen, Zwangskollektiven, Gruppen und Parteien! Kunst selbst ist keinerlei Angstraum, Kunst kennt keine „German Angst“!

Was halten Sie von Georg Baselitz´ Aussage „Ich glaube, man kann den Beruf des Künstlers nur überleben, wenn man radikal gegen sich selbst ist“.
Erzbaselitz hat mit dieser Aussage den Nagel auf den Kopf getroffen! Es geht in der Kunst immer darum, den eigenen Schweinehund zu überwinden und von sich abzusehen! Meese ist immer radikalst gegen sich selbst und versucht Alles, was nicht Kunst ist, zu überwinden. Mutter Meese hilft mir immer beim „Kampf um Kunst“. 

In Ihrem Werk setzen Sie sich vor allem mit schillernden Figuren wie Parsifal, Vladimir Nabokov & Lolita, Marquis de Sade („Ahoi der Angst“) und Heldensagen auseinander. Immer wieder setzen Sie das Hakenkreuz und Hitlergruß ein. In Frankfurt klebten Sie über Ihr Porträt das Bild Hitlers mit dem Wort „Vater“? Geht es dabei um Provokation, Groteske, Spott oder andere Aspekte?
In der Kunst gilt die „Totalste Freiheit“, keine Zensur ist denkbar oder möglich. Realität möge zensiert werden, dann kommts zum Gesamtkunstwerk. Kunst provoziert immer nur Ideolog(i)en und entmachtet sie am Ende. Kunst ist immer das, was überlebt. Meese stellt sich ständig in „Frage“, lernt immer dazu, macht gerne Fehler, aber nie die gleichen, um sein Restgeschmäckle zu bannen. Johnny, the Artkid, macht deshalb immer sehr gerne „Klarschiff zu Hause“, das reicht schon und das ist Kunstdienstpflicht, fertig ist die Laube. Kunst entkonterminiert alle Gesten, Symbole, Wörter und Ansichten und macht Alle(s) fit für die Zukunft!

Figuren wie Parsifal oder Nabokovs Lolita sind auch erotische Ikonen. Wie wichtig sind Erotik und Sexualität für ihre Kunst?
Erotik und Sexualität sind essenzielle Bausteine des Lebens und Kunst durchdringt, verarbeitet, bearbeitet und seziert eben jeden Lebensbereich. Kunst treibt immer Alles auf die Spitze und Künstler zielen immer über reale Ziele hinweg oder unterlaufen sie. Künstler bedienen niemals Realität und illustrieren sie auch nicht, Kunst steht über den Dingen.

Kunst ist ja immer auch das Gesamtkunstwerk, siehe den Ultrakünstler Richard Wagner und den Märchenkönig Ludwig den Zweiten von Bayern. Mami und ich werden viel über das Gesamtkunstwerk Deutschland, Österreich, Europa, die Welt, „Alle Welten“, Kosmos, Universum und Urknall informieren.

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