Schauspielhaus Graz

„Lumpazivagabundus“ ist aus dem Leim gegangen

Steiermark
04.05.2025 17:16

Letzte Saison-Premiere am Schauspielhaus Graz: „Der böse Geist Lumpazivagabundus“ von Johann Nestroy verliert in der Regie von Matthias Rippert seine komödiantischen Konturen.

Mit „Der böse Geist Lumpazivagabundus“ gelang Johann Nestroy 1833 der Durchbruch als Autor. Die Nachwehen einer eben erst überwundenen Cholera-Pandemie, eine Wirtschaftskrise und der drohende Einschlag eines Kometen trieben die Menschen damals um – und Nestroy schaffte es mit seiner Zauberposse, diese Welt am Rande des Abgrunds als Kulisse für eine pointierte Komödie zu verwenden, die trotz fantastischer Handlung und derbem Sprachwitz auch wichtige gesellschaftliche Fragen aufwarf.

200 Jahre später ist der „Lumpazivagabundus“ ein österreichischer Bühnenklassiker, der stets relevant zu sein scheint – aber vielleicht schon lange nicht mehr so zeitgemäß war wie heute. Eben erst haben wir eine Pandemie überwunden, die Wirtschaft ist auf Talfahrt und die Welt scheint einmal mehr auf den Abgrund zuzutreiben.

Unklare Verhältnisse und fehlender Humor
All dessen scheinen sich Regisseur Matthias Rippert und sein Team durchaus bewusst zu sein. Sie haben die Posse um die Handwerker Leim, Knieriem und Zwirn, die zum Spielball einer Wette zwischen der Glücksfee Fortuna und der Liebesfee Amorosa werden, auf ein Kerngerüst heruntergebrochen und dieses Gerüst mit vielen Andeutungen auf die Gegenwart behangen: ein drohendes Blackout kommt da genauso zu Bühnenehren wie das Kleine Glücksspiel, und Benkos Laura-Stiftung wird genauso erwähnt wie das jüngst politisch umgefärbte Kulturkuratorium in der Steiermark.

Tim Breyvogel, Sebastian Schindegger, Karola Niederhuber (v.li.)  (Bild: Lex Karelly)
Tim Breyvogel, Sebastian Schindegger, Karola Niederhuber (v.li.) 

Vor allem in den spröde-alltäglichen Couplet-Umtextungen von Pia Hierzegger und den Bühnenideen von Fabian Liszt blitzen immer wieder die großartigen Möglichkeiten dieser Inszenierung auf. Doch leider krankt der Abend an Grundlegendem: Rippert stellt den Wettkampf der Feen ins Zentrum der Inszenierung, sie treten nicht nur am Beginn und am Ende auf, um den Wettkampf ins Rollen zu bringen und anschließend zu resümieren. Nein, sie mischen sich mit ihren langen Bärten unters Volk, schlüpfen in die Rollen der Menschen, denen Leim, Knieriem und Zwirn auf ihrer Berg- und Talfahrt des Glücks begegnen. Hie und da sorgt dieser Kniff für gute Gags, meist jedoch nur für unklare Verhältnisse. Ähnlich ist es auch mit der Musik (Robert Pawliczek), die die Couplets zum klanglichen Einheitsbrei macht.

Doch das größte Manko ist der Humor, denn eine flotte oder gar bissige Komödie ist dieser „Lumpazivagabundus“ nicht. Viele der Original-Gags wurden gestrichen (was man durchaus machen kann) und durch lauwarme Pointen ersetzt (was man jedoch nicht unbedingt machen sollte). Damit bleibt auch dem Ensemble nur wenig, mit dem es glänzen könnte. Am ehesten vermögen Luisa Schwab als dauertrinkende Knieriem, Tim Breyvogel als salopp-eitler Zwirn und Clemens Berndorff als biederer Leim ihren Figuren in dieser konturlosen Inszenierung Konturen abgewinnen.

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