Von der Interpretationshaltung her höchst unterschiedlich waren zwei Konzerte bei der Schubertiade in Schwarzenberg angelegt - und beide waren hochspannend.
Wenn der auch keineswegs abgebrühten, aber in Sachen musikalischer Emotionalität doch recht elastischen Kritikerin beim ersten Lied, ja schon bei dessen Klaviervorspiel, die Tränen der Rührung in die Augen schießen, so dürfte dieser Liederabend ungewöhnlich stark werden. Und so war es auch, Bariton Konstantin Krimmel, Jahrgang 1993, sowie sein erfahrener Partner am Klavier, Julius Drake, gestalteten am Montagnachmittag im Angelika-Kauffmann-Saal ein Schubertprogramm, das nur in den höchsten Lobestönen zu beschreiben ist. Beim Lied „Auf dem Strom“ mit dabei war Mathias Johansen am Violoncello.
Der Dozent an der Feldkircher Privathochschule Stella fügte sich mit seinem schönen Ton ins atemberaubende Niveau des Konzertes gut ein. Das bereits angesprochene erste Lied war Schuberts „Der Wanderer“ nach Schmidt von Lübeck. Und wo andere Sänger noch ihre Nervosität abstreifen, wo die Pianisten oft noch nach der rechten Klangbalance suchen, erreichten Krimmel und Drake sofort ein Maximum an Interpretationskultur, das das ganze Konzert lang nicht erlahmte und seinen beispiellosen Gipfelpunkt in der Interpretation der fünfundzwanzig Minuten langen Ballade „Der Taucher“ nach Schiller erreichte.
Dass das Publikum im vollen Saal dabei mucksmäuschenstill war, sprach für sich. Konstantin Krimmel hat alle Tugenden eines Liedsängers in überreichem Maß, eine breite Palette stimmlicher Farben vom zartesten Klang bis zum maskulinen Auftrumpfen, dazu eine maximale Textdeutlichkeit. Und das alles ohne jegliche Mätzchen, vielmehr mit Natürlichkeit in jedem Moment. Mit Julius Drake ist er auf einer Wellenlänge. Wie die beiden zusammen Energieströme verfolgen und immer wieder völlig gleich empfundene Akzente setzen, ist magisch.
Am Sonntagmittag schufen die drei Brüder Erik, Ken und Mark Schumann sowie Veit Hertenstein an der Bratsche, zusammen das „Schumann Quartett“, eine ganz andere Atmosphäre. Franz Schuberts beliebtes a-Moll Quartett mit dem „Rosamunde“-Thema gelang ihnen tadellos, aber auch ein wenig spannungsarm. Erst im letzten Satz wurde ihr Zugang etwas knackiger. Offenbar hat die rege Alte-Musik-Szene ihrer Herkunftsstadt Köln nicht auf die vier Herren in den kornblumenblauen Hemden abgefärbt.
Auch Mozarts Klarinettenquintett, bei dem Sharon Kam mit der originalen Bassklarinette spielte, herrschte Legatokultur mit wenig Akzenten und Aussagekraft. Sharon Kam hat übrigens Herbert Willis „Klarinettenkonzert“ aus dem Zyklus Montafon 2006 in Salzburg uraufgeführt. Ob Legato oder „historisch informiert“ musiziert wird, ist freilich Geschmacksache, und vielen Menschen im Saal gefiel es an diesem verregneten Sonntagmittag. „Ein richtiges Wohlfühlkonzert“, meinte etwa eine Dame im Saal.
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