Belastungsprobe

Der letzte Tag bei Leiner: Rabattjagd ohne Anstand

Oberösterreich
29.07.2023 18:00

Am Samstag, 29. Juli, waren 23 Kika/Leiner-Standorte das letzte Mal offen. Die vergangenen Wochen waren für die von der Insolvenz betroffenen Mitarbeiter eine enorme Belastungsprobe. Ein letzter Lokalaugenschein, der auch tief blicken lässt. Es fiel sogar der Satz: „Verrohung der Gesellschaft.“

Ein Security-Mitarbeiter sorgte vor dem Leiner-Möbelhaus in Linz am Parkplatz für Ordnung. Drinnen hatte einer die Schlangen vor den Kassen im Blick, die sich immer wieder bildeten, ehe am Samstag, 29. Juli, um 17 Uhr dann die Türen für immer schlossen.

(Bild: Krone KREATIV)

Schluss, aus, vorbei - nachdem am 13. Juni das Insolvenzverfahren über den Möbelhändler eröffnet worden war, gingen nun in 23 der ehemals 40 Standorte die Lichter aus. Fünfmal hieß es auch in Oberösterreich Abschied nehmen: Bei den Leiner-Geschäften in Vöcklabruck, Linz, Steyr und Wels sowie bei Kika in Ried im Innkreis.

(Bild: stock.adobe, Krone KREATIV)

Die letzten Stunden vor dem endgültigen Zusperren waren weit weg von „business as usual“, Trostlosigkeit machte sich breit. Die Schaufenster waren leer geräumt, einsame Möbelstücke und auch Gläser oder Plastikweihnachtsbäume warteten noch auf letzte Käufer. Mit minus 80 Prozent waren die Kunden zuletzt noch einmal zum Komplett-Abverkauf gelockt worden - mit Erfolg, wie ein „Krone“-Besuch am letzten Tag bei Leiner in Linz zeigte.

„Ich hatte noch Gutscheine, die jetzt weg sind, da ich zufällig ein Sideboard gefunden habe. Mein Mann kommt jetzt mit dem Auto, um es abzuholen“, sagte Elke G. (40) aus Neuhofen. Und Mario Erdinger (29) aus Kirschlag meinte: „Ich habe einfach geschaut, ob noch etwas Brauchbares dabei ist. Die meisten Leute werden aber schon mit leeren Händen rauskommen.“

Wolfgang Gerstmayer, Landesgeschäftsführer der Gewerkschaft GPA. (Bild: Wenzel Markus)
Wolfgang Gerstmayer, Landesgeschäftsführer der Gewerkschaft GPA.

„Noch mehr Rabatte gefordert“
Für die Mitarbeiter war die finale Schnäppchenjagd zur enormen Belastungsprobe geworden. Neben der Ungewissheit, wie es für einen selbst weitergeht, waren sie zum Teil mit Kunden beschäftigt, die jedes Gespür vermissen ließen. „Vielen ging’s nur darum, billig einzukaufen. Sie haben oft richtig unverschämt noch mehr Rabatt gefordert, weil der, den es gab, aus ihrer Sicht zu niedrig war, nachdem doch eh das Geschäft komplett zugesperrt wird“, erzählt Wolfgang Gerstmayer.

200 Firmen warben mit Jobs

Von Betten Reiter über Hartlauer bis zu Spar und Hofer: Quer über alle Bereiche hinweg stiegen nach Bekanntwerden der Schließungspläne bei Kika/Leiner die Unternehmen ins Rennen um die frei werdenden Mitarbeiter ein. Der immer größer werdende Fachkräftemangel sorgt dafür, dass die vom Aus betroffenen Beschäftigten auf offene Türen stoßen. Das zeigte sich auch beim Arbeitsmarktservice, bei dem bislang nur vereinzelt Betroffene vorstellig wurden. Laut AMS-OÖ-Chefin Iris Schmidt waren es letztlich allein in unserem Bundesland 200 Firmen, die konkretes Interesse angemeldet hatten.

„Verrohung der Gesellschaft“, nennt das der Landesgeschäftsführer der Gewerkschaft GPA, den das Erlebte nachdenklich stimmt: „Dass die Menschen den Arbeitsplatz verlieren, war vielen egal.“

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare
Eingeloggt als 
Nicht der richtige User? Logout

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.



Kostenlose Spiele