Im Theater logiert das Verhängnis oft nahe am Glück, und unter der Perspektive des Scheiterns wurden schon ungeahnte Kräfte freigesetzt.
So ergeht es derzeit den „Präsidentinnen“ des früh verglühten Grazers Werner Schwab in Reichenau: Zwei von drei Mitwirkenden stritten sich und verließen - eigentlich unlogisch - alle beide die von Cornelia Rainer verantwortete Produktion. Intendantin Maria Happel eignete sich daraufhin rekordschnell die Schwab’schen Wortgebirge an und holte dazu Therese Affolter, die das Stück schon gespielt hat. So kam für die drei vom Trieb gepeitschten Küchenmonster eine wahre Traumbesetzung zustande: Happel, ein Weltwunder an kunstvoller Ordinärheit und punktgenauer Pointenwucht, Affolter als religiös hysterischer Latrinen-Zombie und Johanna Arrouas erspielen sich ein Virtuosenstück erster Güte. Man erinnert sich noch, wie man 1990 sprachlos vor diesem brachialfäkalen Geniewerk stand. Unaussprechliches, maßlos Obszönes wurde da unter der Pranke eines Dichters sagbar und nahm den Weg zum heute vielgespielten Komödienklassiker. Das Stück leitet sich von den Surrealisten, vom Wiener Aktionismus und vom schändlich vergessenen Grazer Wolfgang Bauer ab und ist doch einzigartig.
Ob es noch immer provoziert? Vielleicht mehr als damals. Wo doch heute die Kunst von braunen Kellersängern, türkisen Marxismus-Checkern und den Rollkommandos linker Sittenfaschisten gleichermaßen bedrängt wird.
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