„Realitäten abbilden“

Babler schnürt „vernünftiges“ SPÖ-Personalpaket

Politik
11.06.2023 11:05

Der Umbau in der SPÖ sollte am Dienstag abgeschlossen sein. Da präsentiert der neue Parteichef Andreas Babler seine personellen Vorstellungen für die Zukunft der österreichischen Sozialdemokraten. Jedenfalls neu besetzt werden Bundesgeschäftsführung und Klubvorsitz. Namen werden noch keine genannt, einige drängen sich aber auf. Babler schwebt auch mehr Basisdemokratie vor, die Wiener SPÖ bremst diese Pläne aber bereits ein.

Generell will Babler die Partei breiter aufstellen. Konkret kündigte er zuletzt in der „Tiroler Tageszeitung“ an: „Ich muss ein vernünftiges Paket schnüren, das die Parteirealitäten einer starken und geeinten Sozialdemokratie abbildet.“ Das wird kein leichtes Unterfangen. Einerseits muss Babler seine Vertrauensleute einbinden, andererseits seine Unterstützer aus Wien und Gewerkschaft zufrieden stellen und das Lager um Hans Peter Doskozil trösten.

Neuer Stil mit Feingefühl
Dem Vernehmen nach steht das Paket bereits, wird aber streng unter Verschluss gehalten. Zum neuen Stil soll gehören, dass die Mitglieder der entscheidungsbefugten Gremien Namen direkt und nicht über die Medien erfahren. Die Erwählten sollen mit möglichst großer Mehrheit in ihre neuen Positionen gehoben werden - dafür ist Feingefühl gefragt.

Die Bundesgeschäftsführung ist seit dem Parteitag vakant, da Christian Deutsch mit Ende der Veranstaltung sein Amt zurückgelegt hat. Derzeit wird die Zentrale interimistisch vom Leitenden Sekretär für Organisation Christian Sapetschnig koordiniert.

Julia Herr Favoritin für Geschäftsführung
Die Nachfolge bestimmt Dienstagvormittag der Vorstand, dem Babler nach einer Präsidiumssitzung seinen Vorschlag präsentieren wird. Vieles gilt als möglich, selbst eine Doppelspitze. Im Normalfall müsste gerade der Posten in der Löwelstraße einer absoluten Vertrauensperson überantwortet werden, was Julia Herr zur Favoritin macht. Die ehemalige Chefin der Sozialistischen Jugend und aktuelle Umweltsprecherin ist Babler im parteiinternen Intensiv-Wahlkampf und danach nicht von der Seite gewichen.

Genannt wurden auch andere Namen, etwa die Wiener Landesparteisekretärin Barbara Novak, was allerdings als unwahrscheinlich gilt. Gewerkschafter Willi Mernyi hat wie üblich abgesagt. Eine Option wäre auch Frauenvorsitzende Eva Maria Holzleitner. Sie ist aber die Favoritin für die Klubleitung. Das wäre sie auch gewesen, hätte Doskozil seinen vermeintlichen Sieg beim Parteitag behalten dürfen. Der Klubvorsitz ist besonders heikel, müssen doch die Abgeordneten den Fraktionschef wählen und dieser dann auch für eine möglichst einheitliche Linie sorgen.

Signal Richtung Frauen
Unter den Abgeordneten findet man deutlich mehr offene Unterstützer Doskozils als Bablers, insofern sollte die neue Klubführung im Idealfall nicht polarisieren. Holzleitner hat zwar Pamela Rendi-Wagner unterstützt, aber ihr Stimmverhalten am Parteitag geheim gehalten. Die öffentlichen Auftritte Holzleitners waren zuletzt auch deutlich souveräner als jene Herrs. Ein wichtiger Posten auch für nur eine der beiden wäre jedenfalls ein Zeichen Richtung Frauenorganisation, die die Parteivorsitzende verloren hat, die sie deutlich unterstützt hat.

Den Posten des ersten Stellvertreters hat bisher Jörg Leichtfried über, der ihn gerne behalten würde. Absetzbar ist er ohnehin nicht, er könnte nur zum Verzicht überredet werden. Will Babler die Spitze verbreitern, würde sich aus Wien Kai Jan Krainer anbieten, der schon bisher als Finanzsprecher und Fraktionschef in den U-Ausschüssen viel Öffentlichkeit hatte.

Aus dem Doskozil-Lager relativ leicht zu verdauen wäre für die neue Parteispitze wohl Gesundheitssprecher Philip Kucher. Von Ex-Bundesgeschäftsführer Max Lercher trennt Babler zwar inhaltlich wenig, doch ist dieser als linke Hand Doskozils in der Vorsitz-Kampagne wahrscheinlich vielen schwer vermittelbar, so er überhaupt wollte. Eigentlich hat Lercher angekündigt, nicht mehr für den Nationalrat zu kandidieren, sollte Doskozil nicht Parteichef werden. Ihm könnte eine Aufgabe bei der Organisationsreform zufallen, die ebenfalls kein Kinderspiel wird, stemmt sich doch Wien traditionell gegen eine zu starke Stellung der Basis.

Babler bleibt vorerst Bürgermeister
Wer auch immer den Klub leitet, wird dann auch Chefin oder Chef Bablers sein. Denn der will fürs Erste nicht nur Bürgermeister von Traiskirchen, sondern auch Mitglied des Bundesrats bleiben. Dass er von dort aus den Vorsitz übernimmt, hat er ausgeschlossen. Die scheidende Klubobfrau Rendi-Wagner ist noch bis Monatsende im Nationalrat, wird aber nicht allzu viel zu sehen sein, hat sie doch bereits ihre Abschiedsrede gehalten. Ihren Sitz übernimmt, wenn es nach den Wahllisten geht, Ex-Staatssekretärin Muna Duzdar, die sich seit Wochen für Babler stark gemacht hat.

Basisdemokratie: Wiener Parteimanagerin skeptisch
Allgemein wünscht sich der neue SPÖ-Vorsitzende mehr innerparteiliche Basisdemokratie. Damit könnte er sich aber die Zähne an den Wiener Genossen ausbeißen. Wiens SPÖ-Landesparteisekretärin Barbara Novak bekräftigte in der „Presse am Sonntag“ die skeptische Haltung der Landespartei in derartigen Fragen: „Es gibt einen Grund, warum das Statut eine Mitgliederabstimmung über personelle Entscheidungen nicht vorsieht.“

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Es soll nicht über einen Koalitionspakt abgestimmt werden. Bei uns entscheidet der Landesparteitag.

Barbara Novak

Babler plant einen Parteitag im Herbst, wo eine Statutenänderung erfolgen soll, damit die Parteivorsitzenden künftig von den Mitgliedern gewählt werden und Koalitionsabkommen ebenfalls der Basis vorgelegt werden. Gefragt, ob die Wiener SPÖ hier mitziehe und sich auch Michael Ludwig künftig bei der Wahl zum Wiener Parteichef der SPÖ-Basis stellen werde, meinte Novak, eine enge Vertraute des Bürgermeisters: „Es gibt einen Grund, warum das Statut eine Mitgliederabstimmung über personelle Entscheidungen nicht vorsieht.“

Schließlich gehe es auch um die Frage, „wie viel eine Mitgliederbefragung von außerhalb der SPÖ beeinflusst werden kann“, erklärte Novak. „Es soll auch nicht über einen Koalitionspakt abgestimmt werden“, betonte sie. „Wir haben ein geltendes Regelwerk. Bei uns entscheidet der Landesparteitag.“

Mehr Mitbestimmung schon mehrmals gescheitert
Es wäre nicht das erste Mal, dass eine Statutenreform an den Wiener Genossen scheitert. So plante der damalige Parteichef Christian Kern 2018 eine Aufwertung der Mitglieder, unter anderem hätten Koalitionsabkommen auf Bundesebene der Basis zur Abstimmung vorgelegt werden sollen. Im Schatten von Kerns überraschenden Rückzugs wurde die Statutenreform jedoch auf Drängen der Wiener SPÖ abgesagt und nach teils heftigen innerparteilichen Turbulenzen letztlich am Parteitag nur in deutlich abgeschwächter Form beschlossen.

Und beim Parteitag 2021 sorgte nicht nur das miese Ergebnis Pamela Rendi-Wagners bei ihrer Wiederwahl als Parteivorsitzende für peinliche Schlagzeilen, auch hier wurde erfolgreich eine Statutenreform für mehr Basisdemokratie verhindert: Entsprechende Anträge der steirischen SPÖ und Jugendorganisationen konnten gar nicht erst abgestimmt werden, weil nicht mehr genug Delegierte anwesend waren und der Parteitag deshalb abgebrochen werden musste.

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