Europa zu teuer

Kärntner Lithium wird in Saudi-Arabien verarbeitet

Wirtschaft
02.06.2023 13:59

Auf der Koralm in Kärnten bei Wolfsberg soll bald Lithium abgebaut werden. Ein immer begehrterer Rohstoff für die Herstellung von Batterien. Die von der australischen Firma European Lithium vorangetriebene Erzgewinnung soll 2025 starten. Verarbeitet werden soll das „weiße Gold“ aber nicht in Wolfsberg, sondern in Saudi-Arabien. Der Region entgehen Hunderte Jobs.

Denn European Lithium hat eine verbindliche Vereinbarung mit der saudi-arabischen Firma Obeikan zur Herstellung batteriefähigen Lithiums abgeschlossen, wie es am Freitag hieß. Gegen die Verarbeitung des Erzes zu hochwertigem Lithium in Kärnten hätten vor allem die „ausufernden Energiekosten“ gesprochen, so CEO Dietrich Wanke.

„Europa nicht wettbewerbsfähig“
Die Gewinnung von reinem Lithium aus dem Erz sei energieintensiv und brauche Gas. Die jüngsten Preisexplosionen hätten „eine dreiviertel Milliarde Dollar Mehrkosten“ bedeutet. „Da muss man knallhart sagen, dass Europa für diese Industrien zur Absicherung der Energiewende nicht wettbewerbsfähig ist.“

Laut der Mitteilung am Freitag erwartet sich European Lithium durch die Vereinbarung signifikante Einsparungen bei den laufenden operativen Kosten inklusive der Ausgaben für Energie, bei den Kapitalkosten und eine deutlich niedrigere Besteuerung. Die ganze Kostenrechnung für das Projekt werde nun aktualisiert. Insbesondere erspart sich European Lithium laut Wanke rund 350 Mio. Euro, die für den Bau der Lithiumanlage in Wolfsberg geplant waren. Laut Vereinbarung soll das lithiumhaltige Erz aus Wolfsberg zur Gänze nach Saudi-Arabien gehen.

Rund 400 Jobs entgehen der Region
Geplant war der Bau eines Hydrometallurgischen Werks südlich der Bezirksstadt Wolfsberg, wo jährlich 70.000 Tonnen konzentriertes Erz, das sogenannte Spodumen, zu knapp 9000 Tonnen batteriefähigem Lithium verarbeitet werden sollten. Dort hätten laut Ankündigung von 2018 etwa 130 Stellen im Drei-Schicht-Betrieb entstehen sollen, in Summe also an die 400 Jobs.

Stattdessen soll das Spodumen jetzt für diesen Arbeitsschritt in Containern nach Saudi-Arabien verschifft werden. Die Kosten seien „marginal“, müsse das Erz doch nur per Lkw 20 Minuten zum Koralmtunnel gebracht und dann per Bahn und Schiff abtransportiert werden, sagt Wanke. Er betont, dass weder die für das Werk in Wolfsberg nötige Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) noch steuerliche Vorteile in Saudi-Arabien für die Neuausrichtung ausschlaggebend gewesen seien. Aber die US-Partner hätten gesagt „Finger weg von energieintensiven Industrien in Europa“.

Marktkapitalisierung von fast 1 Mrd. Dollar
Die Abbaurechte an den Lithium-Vorkommen auf der Koralm liegen beim Unternehmen „European Lithium AT Limited“ mit Sitz auf den Virgin Islands, einer Tochterfirma der australischen Firma European Lithium. Diese Tochterfirma soll nun in eine an der US-Börse NASDAQ notierte Unternehmenshülle eingebracht werden, sodass eine neue Firma namens „Critical Metals“ entsteht. Ihr Börsenwert wird zum Start in der Nähe von einer Milliarde Dollar geschätzt.

European Lithium ist derzeit an der australischen Börse rund 82 Mio. Euro wert - ein gutes Zehntel des US-Börsenneulings. Für Wanke ist das nicht überraschend. European Lithium sei als Explorationsunternehmen „massiv unterbewertet“. Die von der US-Börsenaufsicht streng geprüften Unterlagen würden einen erwartbaren Gewinn von 1,5 Mrd. Dollar zeigen. Wobei Wanke angesichts des Ausbaus der Elektromobilität von einer steigenden Nachfrage nach Lithium bei knappem Angebot und damit von weiter steigenden Preisen ausgeht.

Vertrag mit BMW
Auch wenn Wanke keine Sorge hinsichtlich der Nachfrage hat, gibt es bereits einen Vertrag mit BMW zur Abnahme des batteriefähigen Lithiums. Demnach zahle BMW 15 Mio. Dollar im Voraus und erhalte vorerst für fünf Jahre das batteriefähige Lithium mit einem Abschlag von 10 Prozent auf den aktuellen Marktpreis.

Aus heutiger Sicht soll 2025 mit der Erzgewinnung auf der Koralm begonnen werden, Ende 2026 oder Anfang 2027 soll das erste batteriefähige Lithium auf den Markt kommen, sagte Wanke. Allerdings hat das Unternehmen noch einen steinigen Behördenweg vor sich.

Schon mehrmals Verzögerungen
Zwar entfällt eine UVP, weil das European Lithium oberirdisch mit weniger als 10 Hektar Grundverbrauch auskommt, offen sind aber noch andere Umweltprüfungen und der konkrete Finanzierungsplan. Möglich ist auch, dass Nachbarn Einspruch erheben, was zu jahrelangen Verzögerungen führen könnte. Das wäre für den Lithiumabbau auf der Koralpe keine neue Situation: Als das Projekt 2011 an Australier ging, sollte 2013 mit dem Erzabbau begonnen werden.

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