„Krone“-Interview

Arzt zu Sterbeverfügung: „Es fehlt Anlaufstelle“

Tirol
09.04.2023 20:00

Eine schwerkranke Tirolerin hat der „Krone“ ihre Geschichte anvertraut und erzählt ihren Weg zu einer Sterbeverfügung. Was sagt jener Arzt, der sie dabei begleitet hat, über die neue Regelung für den assistieren Suizid, die Bürokratie und die Rolle der Mediziner?

„Krone“:Herr Doktor, wie war es, als Ihre langjährige Patientin Sie mit ihrem Anliegen konfrontierte?
Arzt: Es war alles andere als einfach. Ich selbst habe eine Palliativausbildung, die sich der ganzheitlichen Behandlung Schwerkranker widmet. Ein unglaublich wichtiger Teil der Medizin. In dem speziellen Fall konnte ich den Wunsch der Patientin jedoch nachvollziehen. Deshalb war es mir wichtig, dass sie eine vertraute Person an ihrer Seite hat, wir blieben bis zum Schluss in Kontakt. Aber ich hatte auch Sorge, wie es mir dabei gehen wird.

Verstehen Sie, wenn Kollegen den Wunsch nach Begleitung ablehnen?
Das verstehe ich. Als Mediziner bist du anders sozialisiert. Oberstes Ziel ist, Leben zu erhalten. Über diese Prägung kommst du schwer hinaus. Aber ich halte den Anspruch für falsch, Leben um jeden Preis zu erhalten.

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Es braucht strenge Vorgaben, um Missbrauch zu verhindern. Wichtig und richtig ist, dass die Person entscheidungsfähig, sprich bei klarem Verstand sein muss.

Der Mediziner

Sie sind einer der wenigen Ärzte in Österreich, die einen Menschen auf dem Weg zur Sterbeverfügung begleitet haben. Ist die vom Staat getroffene Regelung tauglich?
Festzuhalten ist: Es braucht strenge Vorgaben, um Missbrauch zu verhindern. Wichtig und richtig ist, dass die Person entscheidungsfähig, sprich bei klarem Verstand sein muss. Sie muss selbstbestimmt und frei entscheiden können. Das ist der wesentliche Kern der Bestimmung.

Doch Sie sehen auch Mängel bei den derzeitigen Rahmenbedingungen.
Ja, wenn es um die bürokratische Begleitung geht. Es kann nicht sein, dass Betroffene da völlig alleine gelassen werden und nur mit großer Anstrengung überhaupt durchdringen. Es braucht unbedingt eine Anlaufstelle, die Kontakte zu Ärzten und Notaren herstellt und vermittelt. Diese Stelle könnte zum Beispiel in der Patientenanwaltschaft verankert sein.

Und was würde es an Unterstützung für Mediziner brauchen?
Klar ist: Es darf kein Druck auf Ärzte ausgeübt werden. Es muss auch für sie eine freie Entscheidung sein. So ist es auch geregelt. Es gibt eine geheime Liste an Ärzten, die aufgeschlossen sind. Geheim, weil die Kollegen oft angefeindet werden. Das Thema ist leider auch in Fachkreisen immer noch ein Tabu. Spätestens jedoch mit der gesetzlichen Neuregelung ist es notwendig, sich damit schon in der Ausbildung auseinanderzusetzen. Ein menschenwürdiger Tod gehört zum menschenwürdigen Leben dazu.

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