„Richter Gnadenlos“

„Werden schwarze Schafe im Fußball aussortieren“

Oberösterreich
04.04.2023 18:00

Von Beruf ist er Richter, im Fußball wird er nun zum „Richter Gnadenlos“: Nach zwei Vorfällen um Hilfs-Schiedsrichter am Wochenende kündigt Thomas Prammer als Vizepräsident des OÖ-Fußballverbandes und Vorsitzender des OÖ-Schiedsrichter-Kollegiums eine Null-Tolerleranz-Politik an.

Krone: Herr Prammer, in Schalchen prügelt ein Hilfs-Schiedsrichter mit der Fahne auf zwei Spieler ein, in Pram hat ein anderer laut Zeugen einen türkisch-stämmigen Spieler rassistisch beleidigt. Wie sehr sorgen Sie als Verband-Vize und Chef des OÖ-Schiedsrichter-Kollegiums diese neue Eskalationsstufe im Amateurfußball, zumal sich beide Vorfälle innerhalb von nur vier Tagen ereignet haben.
Thomas Prammer:Klar ist, jeder Vorfall ist einer zuviel. Trotzdem muss man sagen, dass die Vorfälle in Relation zur Anzahl der Spiele wenig sind. Mir fällt aber schon auf, dass die Tendenz, auszuflippen, immer größer wird und die Hemmung im geringer, jemanden zu beschimpfen oder sogar tätlich anzugreifen.

Wobei neu ist, dass nun sogar bereits Hilfs-Schiedsrichter derart aus der Rolle fallen!
So etwas wie die körperlichen Attacken, die ja viral gegangen sind, habe auch ich noch nie gesehen. Dafür gibt es auch überhaupt keine Entschuldigung, da werden wir null Toleranz zeigen -  wie wir auch bei jeder Gewalt gegen Schiedsrichter null Toleranz einfordern.

Über 4000 Hilfs-Schiedsrichter
Wie wichtig sind diese von den Vereinen gestellten Hilfs-Schiedsrichter eigentlich für die Aufrechterhaltung des Meisterschaftsbetriebs?
Sie sind wesentlich! Es gibt in Oberösterreich über 4000 Hilfs-Schiedsrichter, für die wir von allen andern Bundesländern beneidet werden. Bei uns funktioniert das normal wirklich gut. Und wenn man die Zahl von 4000 sieht und dazu, dass jetzt erstmals ein, zwei Sachen an einem Wochenende waren und es damit in den letzten sechs Monaten insgesamt drei, vier Vorfälle gegeben hat, sieht man wie wenig das im Vergleich zur Gesamtanzahl ist. Die wenigen schwarzen Schafe dürfen deshalb nicht dazu führen, dass man ein gutes und funktionierendes System hinterfragt.

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Klar hat jeder Probleme, bei dem einen oder anderen ist das Geld knapp, die Miete schwer zu bezahlen. Auch das führt alles zu dieser Dünnhäutigkeit.

Schiedsrichter-Boss Thomas Prammer

Wird man trotzdem versuchen, an Klubs herantreten, damit die ihr Auge noch einmal schärfen, wen sie da für Spiele an die Seitenout-Linie schicken?
Das ist sicherlich schwierig, weil man es ja vorher auch nicht weiß. Es ist halt so, dass jeder ein bisschen anders reagiert, wenn er beschimpft wird. Gerade der Vorfall in Schalchen zeigt, dass der Hilfs-Schiedsrichter zuvor beschimpft wurde. Davon gehe ich nach dem Videostudium schon aus. Aber natürlich darf ich so nicht reagieren. Wer aber in einer Drucksituation wie regiert, wird man zuvor auch ganz schwer wissen.

Sie haben schon mehrmals erwähnt, dass Aggressionen auf Fußballplätzen generell zunehmen: Von Zuschauern, Spielern, Trainern und nun sogar von Hilfs-Schiedsrichtern. Denken Sie, der ja im Brotberuf ein Richter ist, dass dies ein Spiegelbild unserer heutigen Gesellschaft ist?
Das würde ich schon sagen. Ich glaube, in der gesamten Gesellschaft ist es so, dass die Menschen heute dünnhäutiger sind. Klar hat jeder Probleme, bei dem einen oder anderen ist das Geld knapp, die Miete schwer zu bezahlen. Auch das führt alles zu dieser Dünnhäutigkeit.

Ein gesellschaftliches Problem
Sehen Sie dank der Kraft und dem Netzwerk des Fußballs Ansätze, wie der Verband diesen Entwicklungen entgegenwirken kann oder wäre das in Anbetracht der Breite des Problems zu viel verlangt?
Als Verband reagieren wir ja. Wir versuchen, durch Vereinscoaching, Familienfreundlichkeit, erhöhte Ordneranzahl und Spieltagsverantwortliche möglichst viel zu machen. Aber es ist natürlich auch für einen großen Verband schwierig, ein gesellschaftliches Problem zu lösen.

Haben sie Angst, dass sich der vor allem seit der Corona-Pandemie bemerkbare Trend fortsetzt und deshalb irgendwann einmal Kinder, Zuschauer oder Sponsoren den Fußballplätzen fern bleiben?
Grundsätzlich hab´ ich keine Angst, weil ich mir sicher bin, dass wir konsequent sein werden und wir die schwarzen Schafe aussortieren werden, die uns den Fußball als Familiensport vermiesen.

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