Verbrenner, Atomkraft

Nationale Dilemmas bremsen EU-Gipfel aus

Ausland
23.03.2023 21:34

Die Regierungen Deutschlands und Frankreichs stecken in der Krise, beim europäischen Treffen in Brüssel kochen beide ihr eigenes Süppchen und suchen dort Erfolge. Das geht zulasten der vielen eigentlichen Probleme und Themen.

Wenn es daheim nicht so gut läuft, muss die europäische Bühne herhalten. Dort wird dann vehement Druck gemacht oder blockiert – ohne Wenn und Aber und ohne Rücksicht auf die anderen. Das widerspricht freilich dem EU-Gedanken, doch darum schert sich in so einer Situation niemand, wie Deutschland und Frankreich gerade vorzeigen.

Ist der deutsche Kanzler Teil der Regierung?
Berlin blockiert seit einiger Zeit das bereits beschlossene Verbot von Verbrennermotoren bei Neuwagen ab dem Jahr 2035. Beim Gipfel kam es, wie es kommen musste: Obwohl das Thema nicht auf der Agenda stand, dominierte es doch das Treffen der Staats- und Regierungschefinnen und -chefs. Der Buhmann: Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). „Es ist verstörend, wenn eine Regierung nach anfänglicher Zustimmung plötzlich den Rückwärtsgang einlegt“, sagte etwa der lettische Regierungschef Krisjanis Karins.

Scholz selbst, der sich, um die innerdeutsche Koalition nicht zu gefährden, hinter seinen Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) gestellt hat, machte in Brüssel bei diesem Thema nicht gerade die beste Figur. „Wenn ich die Gespräche zwischen der Kommission und der Bundesregierung richtig verstehe, dann ist das alles auf einem guten Weg“, so der deutsche Kanzler. Wohlgemerkt, der Kanzler, der Chef der Regierung ist und dabei klingt, als wäre er ein Außenstehender.

Suche nach Kompromiss, Gerücht macht die Runde
Aber Scholz’ eigenwillige Wortspende ist nicht die einzige Skurrilität in dieser zur Hängepartie verkommenen Debatte. In Österreich ist nur eine Regierungspartei, nämlich die ÖVP, gegen den unterschriebenen Kompromiss, die Grünen stehen weiterhin zu ihrem Wort. Bundeskanzler Karl Nehammer ließ beim Gipfel am Donnerstag aufhorchen, er kreierte einen neuen Begriff, von dem er wohl hofft, dass er ein Werbeschlager wird: der „grüne Verbrenner“.

Zitat Icon

Uns ist wichtig, dass wir den technischen Fortschritt zulassen, dass wir nicht innovationsfeindlich sind. Ich werde mich weiter für den „grünen Verbrenner“ mit E-Fuels einsetzen.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) kreiert einen neuen Begriff.

Gemeint sind Verbrennungsmotoren, die mit synthetischen Kraftstoffen, sogenannten E-Fuels, betrieben werden. Einen Vorschlag in diese Richtung hatte die EU-Kommission vor wenigen Tagen vorgelegt. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen führte am Rande des Gipfels jedenfalls zahlreiche Gespräche, um doch noch zu einer Lösung zu kommen. Deutschland zeigt sich zuversichtlich, beim Gipfel machte das Gerücht, dass es beim Verkehrsministerrat am kommenden Dienstag zur finalen Abstimmung kommen könnte, die Runde.

Macron will Förderung der Nuklearenergie
Noch ein Staatsmann braucht dringend einen Erfolg: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ist in seiner Heimat aufgrund der im Alleingang durchgeboxten Pensionsreform gehörig unter Druck. Da käme ihm ein Punktesieg in Europa nur recht, und ein solcher soll mit der Atomkraft gelingen. Macron versucht mit allen Mitteln, eine Renaissance der Nuklearenergie in Europa durchzusetzen, inklusive finanzieller Unterstützung.

Sein Argument, das von vielen als falsch bezeichnet wird: Die Meiler seien eine lokale Energiequelle, die für Autonomie sorge, und außerdem seien sie klimafreundlich. Macron wollte sogar einen entsprechenden Passus in der Abschlusserklärung des Gipfels verankern, dies wurde jedoch bereits im Vorfeld verhindert.

Ukraine, Wettbewerb, Handel und Migration
Wesentlich weniger kontrovers (wohl auch deshalb, weil keine Beschlüsse geplant waren) verliefen die Gespräche zu den eigentlichen Themen des Gipfels, von Ukraine über Wettbewerbsfähigkeit und Migration bis Energie. Vor allem beim Migrationskapitel, das nach dem Abendessen am Donnerstag auf dem Programm stand, war viel bereits Gesagtes und Bekanntes zu hören.

Kanzler Karl Nehammer freute sich über Lob und Dank von Bulgariens Präsident Rumen Radev für die Zusammenarbeit im Grenzschutz. Jedoch: Noch ist Österreichs Veto gegen den Schengen-Beitritt von Rumänien und Bulgarien aufrecht.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare
Eingeloggt als 
Nicht der richtige User? Logout

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

Kostenlose Spiele