Bundespräsident Alexander Van der Bellen geht im Vorfeld des EU-Frühjahrsgipfels bei manchen relevanten Themen offenbar auf Distanz zu Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). Das geht aus Notizen aus einem Gespräch Van der Bellens mit dem obersten EU-Vertreter in Österreich, Martin Selmayr, hervor, die am Mittwochabend publik wurden. Die Unstimmigkeiten beziehen sich demnach auf Nehammers Schengen-Veto und sein Nein zum Verbot von Verbrennungsmotoren für Pkw.
In einer Unterredung mit Selmayr „dieser Tage“ soll Van der Bellen seine Überzeugung betont haben, dass Rumänien wie auch Bulgarien reif für den Beitritt zur grenzkontrollfreien Schengen-Zone seien. „Ich mache mir Sorgen um das Ansehen Österreichs bei unseren europäischen Partnern und die Folgen daraus“, zitierte die „Kleine Zeitung“ aus der Notiz, die auf Anfrage aus der Präsidentschaftskanzlei übermittelt worden war.
Schengen: „Es geht um reale Aufträge, reale Umsätze, reale Jobs“
Van der Bellen habe gleichzeitig mit Verweis auf Stimmen aus der heimischen Wirtschaft seine Sorge ausgedrückt, dass durch das aufrechte Schengen-Veto Arbeitsplätze verloren gehen könnten: „Es geht um reale Aufträge, reale Umsätze und um reale Jobs. Sowohl in Rumänien als auch hier in Österreich.“
Sorge um Signal an Pflegekräfte
Der Bundespräsident ist außerdem besorgt wegen des Signals an die Pflegekräfte, die in vielen Fällen aus Rumänien nach Österreich pendeln: „Wenn wir jetzt diesen Menschen signalisieren, ,ihr seid nicht willkommen‘, dann setzt das eine Entwicklung in Gang, die für pflegebedürftige Menschen in Österreich und deren Familien negative Auswirkungen haben wird.“ Ein Schengen-Beitritt der beiden östlichen Länder stehe nicht im Widerspruch zur Kontrolle der EU-Außengrenzen: „Natürlich müssen wir wissen, wer in die EU und nach Österreich einreist, wer um Asyl ansucht. Und natürlich muss die EU ihre Außengrenzen kontrollieren.“
Verbrenner-Streit: „Zurückbuchstabieren bringt uns nicht weiter“
Bezüglich des ab 2035 vorgesehenen Verbots von Verbrennungsmotoren in Pkw zeigte sich der ehemalige Chef von Nehammers aktuellem Koalitionspartner, den Grünen, ebenfalls skeptisch: „Wenn jetzt einzelne Staaten, sei es Deutschland, sei es Österreich, seien es andere Staaten, beginnen, hier zurückzubuchstabieren, bringt uns das nicht weiter. Ich hoffe daher, dass es gelingt, auch in Sachen Antriebstechnologie für Pkw eine zukunftsfähige Lösung zu erzielen.“
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