Ein ganz neues Ich

„Der Wechsel ist nichts, wo man halt durchmuss“

Oberösterreich
14.03.2023 17:00

Es geht allen Frauen gleich - auf einmal ist man offiziell in „Phase eins“ der Wechseljahre angekommen: Warum diese Nachricht gar nicht so schrecklich ist, verrät Daniela Ullrich im Gespräch mit der „Krone“ und in ihrem Podcast.

Wir sind ein einziger Hormonhaushalt“, lacht Daniela Ullrich, die an der Seite einer 16-jährigen Tochter und eines in der Midlife-Crisis befindlichen Ehemannes versucht, sich an ihr neues Ich zu gewöhnen. „Beim letzten Routine-Check hat mir der Frauenarzt gratuliert, nun im ,Wechsel – Phase eins‘ – zu sein, mir ein Infoblatt in die Hand gedrückt und Mönchspfeffer empfohlen“, so sich die Linzerin. „Ich konnte nicht glauben, dass meine nächsten Jahre davon geprägt sein sollen, dass ich ständig schwitze, schlecht schlafe, zehn Kilo zunehme, depressiv und noch verhaltensauffälliger sein werde, als ich vielleicht eh schon bin.“

Eigenen Podcast gestartet
Die Suche nach einem allumfassenden Podcast zu dem Thema blieb ohne Erfolg - deshalb startete Ullrich im Jänner selbst einen. In „Menomio - Der Podcast für glückliche Wechseljahre“ holt die ehemalige Journalistin Expertinnen sowie Betroffene ans Mikrofon, um Frauen - und sich selbst - zu beweisen, dass dieser neue Lebensabschnitt gar nicht so schrecklich sein muss, wie viele vielleicht meinen. „Das Östrogen, quasi das ,Kümmerhormon‘, geht zurück, man wird wieder flügge. Im besten Fall ist das also keine Zeit, wo man ,durchmuss‘, sondern der Beginn einer aufregenden neuen Lebensphase“, so die 48-Jährige.

Biologisch beginnen mit Ende 30 die Wechseljahre
„Je früher man sich mit den Wechseljahren auseinandersetzt, umso weniger kalt erwischt’s einen“, rät Psychologin Isabella Woldrich, die bereits Gast bei „Menomio“ war, vorbereitet zu sein. Ullrich weiß: „Der biologische Wechsel beginnt ja schon Mitte 30. Aber ich denke, dass viele Frauen in dem Alter noch gar nicht auf die Idee kommen, ihre ,Wehwehchen‘ dem Wechsel zuzuschreiben. Dabei müsste niemand leiden: Es gibt für alle Symptome Hilfe.“

Im Berufsleben noch viel zu wenig thematisiert
Auch im Berufsleben würden die Wechseljahre zu wenig thematisiert, findet Ullrich. „Schließlich kommen Frauen wieder in eine Phase, in der flexible Arbeitszeiten hilfreich wären, damit sie nach einer schlaflosen Nacht später anfangen, sich zwischendurch einmal zurückziehen oder nach einer Hitzewallung im Büro duschen können. Deshalb muss noch viel mehr und viel lauter über dieses Thema, das immerhin jeden zweiten Menschen betrifft, gesprochen werden!“

„Irgendwann sind kaum noch Eier da“
„Mit 35 Jahren sinkt die Fruchtbarkeit der Frau und der Wechsel beginnt. Ich vergleiche das gern mit einem Kühlschrank voller Eier. Jedes Jahr nimmt man eine 10er-Schachtel heraus, aber auch bei den übrigen Eiern sinkt das Haltbarkeitsdatum. Irgendwann sind kaum noch Eier da, und dann wird auch noch der Kühlschrank kaputt. Dann sind wir im Wechsel“, erklärt Miriam Mottl, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe in Puchenau.

„Frauen merken oft lange gar nicht, dass sie in den Wechsel kommen und deshalb schon mit Mitte 30 unter ersten Anzeichen wie Gelenksschmerzen, Migräne oder unruhigem Schlaf leiden. Man verbindet die Menopause ja eher mit klassischen Symptomen wie Hitzewallungen oder Trockenheit der Scheide. Und das ist eigentlich das Drama: Wir sind alle viel zu wenig aufgeklärt, erkennen spät, dass wir im Wechsel sind - dabei könnten wir unsere Lebensqualität vorher schon deutlich verbessern.“ 

Bereicherung für die Frauenwelt
Den oberösterreichischen Podcast „Menomio“ empfindet Mottl, die auch selbst eine Folge mit Ullrich aufnehmen wird, als eine Bereicherung für die Frauenwelt: „Wir alle müssen unseren eigenen Körper und Zyklus noch viel besser kennenlernen.“

Der erste Weg beim Verdacht auf Wechseljahre sollten laut Mottl zur Gynäkologin führen, die meist neben der körperlichen Untersuchungen einen Hormonstatus macht. „Zuerst knüpft man dort an, was am meisten belastet. Und das sind meist Schlafstörungen oder die Trockenheit der Scheide.“

„Es passieren oft Schnellschüsse“
Auch Isabella Woldrich, Psychologin, Autorin und Kabarettistin aus Linz, hat bereits Bekanntschaft mit ihren Wechseljahren gemacht. Ihr persönlicher Buch-Tipp? „Woman on fire“ von Sheila de Liz. „Das hat mir sehr geholfen. Oft ist es ja so: Mit dem Östrogen verschwindet unser Bindungsauftrag und erste Sinnkrisen stellen sich ein. ,Wozu bin ich eigentlich da, ich bin ja eh nur euer Putzfetzen!‘ Dann passieren oft Schnellschüsse. Man lässt sich scheiden oder bricht zuhause alle Zelte ab, um auf einen Selbstfindungstrip in Afrika zu gehen. Dabei würde vielleicht schon ein Mädelsurlaub zweimal im Jahr reichen, damit wir uns besser fühlen“, so Woldrich. „Was ich damit sagen will, ist, dass Körper, Geist und Seele zusammenhängen. Mit Tabletten kann ich nicht mein ganzes Leben verändern, mit positivem Denken nicht die Dysfunktionalität im Körper behandeln. Man muss erkennen, wo der Hebel liegt, an dem man als erstes ansetzen muss, um das eigene Wohlergehen zu fördern. Da ist sehr viel Selbstreflexion notwendig. Es ist aber auch wichtig, zu erkennen, wann man sich Hilfe holen muss.“

Mit diesen beiden und vielen weiteren Expertinnen spricht Daniela Ullrich in ihrem Podcast über psychische Herausforderungen, Ernährung, persönliche Erfahrungen oder etwa darüber, wie sexy die Wechseljahre sein können. Die fünfte Folge von „Menomio“ erscheint am kommenden Freitag, weiter geht es im Zwei-Wochen-Takt. Themenvorschläge, Wünsche und Fragen an menomio@wepodit.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.



Kostenlose Spiele