ÖSV-Adler im Pech

Wind lässt sich nicht in eine Formel pressen

Nordische Ski WM
28.02.2023 06:16

Stefan Kraft und Eva Pinkelnig hätten mit dem alten Punktesystem bei der WM Gold geholt. Das Skispringen wäre heute ohne Kompensationsregeln aber undenkbar.

Wind ist ungerecht. Mal bläst er von vorn, mal von hinten. Früher war das egal, seit 13 Jahren versucht Skispringen als einziger olympischer Sport mit Kompensationsregeln Laborbedingungen in freier Natur zu schaffen.

Δw=TWG × (HS - 36)/20, lautet die Gleichung. So versucht der Schweizer Mathematiker Hans-Heini Gasser, die Leistung eines Skispringers, der von einer Schanze x bei einer Anlauflänge y und einem Wind z in das Tal segelt, in eine Rechenformel zu pressen.

Sie verstehen nichts? Auch Österreichs Herren starrten bei der WM in Planica nach dem Windspringen auf der Normalschanze mit ungläubigen Augen auf die Anzeigetafel.

Enttäuschung bei Stefan Kraft (Bild: Andreas Tröster)
Enttäuschung bei Stefan Kraft

Halbzeit-Sieger Stefan Kraft hatte um lächerliche 0,4 Punkte Bronze verpasst. „Man hat schon oft gesehen, dass die Windpunkte nicht das widerspiegeln, wie es wirklich ist“, grummelte der Salzburger. Daniel Tschofenig nickte: „Es war von vorne bis hinten nicht fair. Da muss sich die FIS etwas Besseres einfallen lassen.“

Ganze Natur nicht messbar
Der im Juli 2022 verstorbene Schweizer Schanzenbau-Pionier Gasser hat nie behauptet, dass die Wind- und Gate-Gleichung hundertprozentig stimmt: „Man kann nicht die ganze Natur ausmessen und in ein Rechenmodell packen.“

Eva Pinkelnig (Bild: ANDREAS TROESTER)
Eva Pinkelnig

Kurios: Kraft hätte ohne Wind- und Gate-Regel zum vierten Mal Einzel-Gold gewonnen. Der Salzburger hatte die meisten Weitenmeter und Stilnoten. Auch die Vorarlbergerin Eva Pinkelnig wäre nach dem alten Punktesystem vor der deutschen Katharina Althaus Weltmeisterin geworden.

Ein Zurück kann sich im Springerzirkus aber keiner vorstellen. Vor allem Marathon-Durchgänge nach wiederholten Neustarts wegen Anlaufverkürzungen sind für TV-Übertragungen völlig undenkbar.

„Fairer und einfacher“
„Es ist sicher fairer und einfacher geworden. Früher hatte man man bei Rückenwind keine Chance, jetzt bekommt man Pluspunkte“, meint Damen-Chef Harald Rodlauer. Herren-Boss Andi Widhölzl fordert mehr Fingerspitzengefühl: „Wenn es um die Medaillen geht, sollte man schauen, dass die Besten möglichst gleiche Bedingungen haben. Kraft hatte es extrem schwer.“

Und deshalb werden die „Adler“ auch weiter das Phrasenschwein füttern: „Man braucht das nötige Quäntchen Glück.“

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(Bild: KMM)



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