Chefdirigentin Marin Alsop kämpft gegen die geplante Auflösung des Radio-Symphonieorchesters Wien (RSO).
Die Empörung über die von ORF-Generaldirektor Roland Weißmann aus Spargründen geplante Auflösung des RSO, des Wiener Radio-Symphonieorchesters, ist enorm. Von Kulturmanagern, Intendanten, Künstlern, Politikern hagelt es Proteste. Jetzt meldet sich auch Marin Alsop, 2019 aus den USA geholte Chefdirigentin des RSO: „Die Entscheidung ist unbegreiflich! Ein echter Schock!“
„Wenn ich als Amerikanerin an Österreich denke, ist das Erste, das mir in den Sinn kommt, Kultur. Österreich - die Wiege der Klassik! Es ist für Österreich allein schon peinlich, dass diese furchtbare drakonische Maßnahme überhaupt erwogen wird. Der Sinn eines Rundfunkorchesters ist es, das Orchester des Volkes zu sein. Es geht um Musik unserer Zeit für die Zeitgenossen.“
Fast alle Metropolen haben berühmte Rundfunkorchester. Das RSO ist Österreichs einziges (zum Vergleich: Deutschland hat 14). „Die anderen Orchester Wiens sind gewissermaßen Teile eines anderen ,künstlerischen Ökosystems‘. Aber sie profitieren davon, dass das RSO mit neuen Stücken vorangeht. Außerdem ist das RSO Lieferant von Inhalten für den ORF. Es aufzulösen ist, als würde man seinen eigenen Arm abschneiden! Ich habe Verständnis für finanzielle Probleme. Wenn man aber das Ganze nun der Sparvorgabe von 320 Millionen Euro gegenüberstellt, wären die Einsparungen winzig, die Konsequenzen einer solchen Entscheidung aber riesig. Katastrophal. Ohne das Weltklasseorchester RSO ist die Kulturlandschaft um so vieles ärmer.“
Übrigens: An dem Tag, an dem der ORF-Stiftungsrat über die Zukunft des RSO entscheidet, also am 23. März, spielt das Orchester sein nächstes Konzert mit Klavierstar Igor Levit, Hans Werner Henzes „Tristan“ und Béla Bartók.
Chefdirigentin Marin Alsop findet die RSO-Auflösung skandalös. Für ihre hervorragenden 88 Musiker, 10 Orchesterakademiemitglieder und das Personal wird sie kämpfen. Und als erklärte Feministin will sie auch die Frauen (40 Prozent im Orchester) vor Arbeits- und Perspektivlosigkeit schützen. Gestern wandten sich aber auch die Musik- und Kunstuniversitäten - so auch Rektor Andreas Mailath-Pokorny - an den Bundeskanzler: Sie protestieren gegen den „Schlag gegen die unverzichtbare Säule der Musikszene“. Ist doch das RSO auch für Ausbildung und Karriereentwicklung junger Musiker wichtig, die dort wertvolle Praxiserfahrungen sammeln. Begreifen die Verantwortlichen, was sie da anzurichten bereit sind? Da wird Musikgeschichte Österreichs liquidiert, da werden lebende Komponisten um Uraufführungen und die junge Musikergeneration um Arbeitsplätze, Entwicklung und Karriere gebracht. Ist das Verantwortungsbewusstsein?
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