Taxi-Geschichten

Wiens Taxler und ihr beharrliches Parkproblem

Wien
03.01.2023 13:00

Wir fahren mit und hören zu. „Krone“-Reporter Robert Fröwein setzt sich auf die Taxi- oder Uber-Rückbank und spricht mit den Fahrern über ihre Erlebnisse, ihre Sorgen, ihre Ängste. Menschliche Geschichten direkt aus dem Herzen Wiens.

Sie haben es beim gemütlichen Flanieren durch Wiens Straßen sicher schon öfters bemerkt: Taxifahrer, die auf ihren eigens gekennzeichneten Stellplätzen einen kurzen Moment der Ruhe genießen und sich im hektischen Alltag eine Runde Schlaf gönnen. Der Job ist härter und entbehrungsreicher, als sich so mancher vorstellen mag. Gerade Selbstständige benötigen möglichst viele Aufträge, um finanziell über die Runden zu kommen. Da beginnen Arbeitstage manchmal um 4 Uhr morgens und dauern bis spät in die Nacht. Oder aber man startet gegen 18 Uhr am Wochenende mit einer Spätschicht und fährt bis weit in den Vormittag hinein Betrunkene durch die Gegend. An einen konsekutiven, ruhigen Schlaf ist dabei oft nicht zu denken und es muss der kurze Powernap im Auto herhalten.

Stellt ein Taxler sein Auto am Taxistandplatz ab und möchte sich im angrenzenden Zuhause ausruhen, ist das gar nicht mehr möglich. „Man darf sich nicht länger als 15 Minuten vom Auto entfernen“, erzählt mir mein Fahrer Werner im Favoritner Slang, „bei mir in der Kundratstraße neben der Klinik wird extrem genau kontrolliert. Auch noch nachts.“ Noch vor gut einem Jahr konnte sich Werner mit seinem Vehikel einfach woanders hinstellen, seit März 2022 benötigt man flächendeckend für ganz Wien ein Parkpickerl. Der Enddreißiger bekommt das aber nicht von seinem Arbeitgeber zur Verfügung gestellt. „Sie haben mir erklärt, sie müssten dafür extra Steuern zahlen und dass es sich nicht auszahlt. Ich sehe aber auch nicht ein, warum ich mir das Pickerl für die Arbeit leisten soll. Ich zahle es aus Prinzip nicht.“

Werner hat das Glück, das vielen anderen nicht gewährt ist - er kann improvisieren. „Ein guter Freund von mir wohnt bei mir in der Nähe im Zehnten und er hat einen Garagenstellplatz, den er nie verwendet. Er verlangt kaum etwas dafür und ich kann mich dort hinstellen. Allerdings stehen da auch andere Bekannte und man muss sich das früh genug ausreden.“ Parkpickerlfreie Zeit ist in Wien zwischen 22 und 9 Uhr. Für Werner, der „zu 80 Prozent“ nachts unterwegs ist, bringt die Abstellmöglichkeit wenig. „Und das mit 9 Uhr hält auch nicht mehr lange“, ist er sich sicher, während er sich leicht in Rage redet, „ich schwöre dir, in spätestens zwei Jahren verrechnen sie dir das Parken schon um 7 Uhr morgens.“

Werner erzählt mir, dass viele Kollegen mit demselben Problem zu kämpfen haben und teils kreative Lösungen finden. Einer würde in einer Garage bei einem bekannten Großhandel stehen dürfen, andere, im Grenzgebiet zu Niederösterreich wohnende, versuchten es anfangs mit der temporären Flucht über die Bundeslandgrenzen. Doch Schwechat und Co. sind notgedrungen längst mit Parkkosten nachgezogen. „Einerseits verstehe ich den Trend dazu, die Autos aus der Stadt zu jagen, andererseits erschwert uns dieser Zustand das Leben gehörig. Und das Problem endet ja nicht an der Stadtgrenze. Es zieht längst noch mehr Menschen in Mitleidenschaft. Früher hatte ich einen schönen Parkstreifen auf der Triester Straße. Da konnte ich zumindest ab 19 Uhr gemütlich stehen, das geht jetzt alles nicht mehr.“

Aktuell befindet sich Werner ständig in Bewegung. Zwischen Taxistandplätzen, der Garage seines Freundes und normalen Parkplätzen, für die er die üblichen Gebühren bezahlt. „Ich versuche die Parkscheine so gut es geht zu vermeiden, aber da sammelt sich schon viel zusammen.“ Ein immer noch häufig auftretendes Missverständnis beobachtet Werner auch in seiner Zunft. „Viele Kollegen glauben, mit einem Elektroauto wären sie vom Parkpickerl befreit.“ Das stimmt aber nicht. Nur während der Dauer des Ladevorgangs an einer E-Tankstelle ist keine Gebühr zu entrichten. „Wenigstens darum muss ich mich nicht kümmern“, lacht er, „aber an einem E-Auto komme ich über kurz oder lang auch nicht vorbei.“

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