Details zu Iran-Schlag

Eigener Geheimdienst lässt Trumps Version bröckeln

Außenpolitik
25.06.2025 10:37

Die US-Angriffe haben einem US-Geheimdienstbericht zufolge – wie bereits kurz berichtet – das iranische Atomprogramm nur um einige Monate zurückgeworfen. US-Präsident Donald Trump wies diese Einschätzung wütend zurück. Doch die internen Lecks dürften nicht die einzigen Probleme des Republikaners sein.

„Die Nuklearanlagen im Iran sind vollständig zerstört!“, teilte Trump in Reaktion auf die Berichterstattung am Dienstagabend demonstrativ mit. Sein Motto: Keine Diskussion, was er sagt, gilt. US-Medien zeichnen ein anderes Bild. Sie berichteten, dass die Zentrifugen und Vorräte an angereichertem Uran nicht vollständig zerstört seien. Die Zugänge zu einigen Anlagen wären versperrt, ohne dass die darunterliegenden Gebäude ausgelöscht wurden.

Mit der Sache vertraute US-Geheimdienst-Mitarbeiter gehen davon aus, dass das iranische Nuklearprogramm nur um „einige Monate“ ausgebremst werden konnte. Das entspricht einer 180-Grad-Wende zur Version des US-Präsidenten, was ihn entsprechend an die Decke gehen ließ.

Auf seiner Plattform Truth Social schrieb er: „Fake News CNN und die gescheiterte New York Times haben sich zusammengetan, um einen der erfolgreichsten Militärschläge der Geschichte zu verunglimpfen.“ Am Rande des NATO-Gipfels in Den Haag am Mittwoch verunglimpfte er die Enthüllungsreporter als „Abschaum“. Dabei schaute er sich um und fuhr fort: „Irgendjemand hier von CNN? Sie sind eine Schande!“

Sprecherin: Der Bericht ist echt
Die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, musste die Echtheit der Geheimdienst-Einschätzung jedoch zähneknirschend bestätigen. Dieser sei „völlig falsch und als ,streng geheim‘ eingestuft worden, aber trotzdem durchgesickert“. Die Weitergabe dieser „angeblichen Einschätzung“ sei ein „klarer Versuch“, Trump und die „mutigen Kampfpiloten“ zu diskreditieren. Zur Erinnerung: Leavitt spricht hier nicht über ausländische Einflussnahme, sondern über den eigenen Geheimdienst.

Trumps Sprachrohr bezeichnete die Mission im Duktus ihres Chefs als „perfekt ausgeführt“ und erklärte auf der Plattform X: „Jeder weiß, was passiert, wenn man 14 30.000-Pfund-Bomben perfekt auf ihre Ziele abwirft: totale Vernichtung.“ Experten sind sich da allerdings nicht so sicher.

Wo ist das hochangereicherte Uran?
Trumps Narrativ der „totalen Zerstörung“ bröckelt zusehends. Denn die Mission „Mitternachtshammer“ könnte frühzeitig vom Iran antizipiert worden sein. In dem Geheimdienstbericht wird eingestanden, dass Teheran offenbar nukleares Material – wie berichtet – in Sicherheit bringen konnte. Darunter seien mehr als 400 Kilogramm Uran mit einem beinahe waffentauglichen Reinheitsgrad von 60 Prozent. Das Problem: Die USA dürften dieses nahezu „bombenfähige“ Material aus den Augen verloren haben. 

Bereits in den Tagen vor dem Angriff wurden ungewöhnliche Bewegungen bei der Anlage in Fordo festgestellt. Auf Satellitenbildern war ein erhöhtes Fahrzeugaufkommen bei dem Atombunker zu sehen (siehe Bild unten). Dieses hätte in der Theorie ausgereicht, um das Material wegzuschaffen, sind sich Experten sicher. Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, befürchtet genau das.

Aufnahmen vom 19. Juni zeigen einen Stau bei der Anlage in Fordo.
Aufnahmen vom 19. Juni zeigen einen Stau bei der Anlage in Fordo.(Bild: AFP/Maxar Technologies)

„Iran hat kein Geheimnis daraus gemacht, dass es dieses Material geschützt hat“, erklärte er kurz nach der US-Bombardierung. Seine Inspekteure hätten den Vorrat zuletzt etwa eine Woche vor den israelischen Angriffen auf Iran vom 13. Juni gesehen. Laut Diplomaten könnten damit mehrere Atombomben hergestellt werden, falls das Uran weiter auf 90 Prozent angereichert würde, was als relativ kleiner Schritt gilt.

Teheran isoliert sich weiter
Vertreter der Führung in Teheran gaben am Mittwoch bekannt, dass der Iran die Kooperation mit den Atominspektoren der IAEA künftig aussetzen möchte. Ein entsprechendes Gesetz werde aktuell auf den Weg gebracht, um aus dem Atomwaffensperrvertrag auszusteigen. Eine Überwachung des Programms wird somit weiter erschwert. Ein Indiz dafür, dass der US-Angriff die nuklearen Pläne im Iran weiter beschleunigen könnte.

Neue Bilder zeigen deutliche Schäden an der Atomanlage in Fordo. Wie tief sie reichen, kann ...
Neue Bilder zeigen deutliche Schäden an der Atomanlage in Fordo. Wie tief sie reichen, kann anhand dessen nicht zweifelsfrei festgestellt werden.(Bild: AP/AP ( via APA) Austria Presse Agentur, Krone KREATIV)

Der gemeinsame Schlag mit Israel gegen das Mullah-Regime verkompliziert die Lage am Verhandlungstisch zweifelsohne. Trump, der selbst ernannte „Friedenspapst“, muss jetzt mit einem Regime feilschen, dessen bedrohlichstes Potenzial er vermutlich am Leben gelassen hat.

Der Republikaner selbst hatte vor dem Angriff wiederholt die Wichtigkeit eines „echten Endes“ des iranischen Atomprogramms betont, um eine Kapitulation erzwingen zu können. Sein „Mitternachtshammer“ scheiterte offenbar daran. Aus Sicht der islamistischen Führung wird nun der tatsächliche Bau einer eigenen Atombombe, um das eigene Überleben zu sichern, attraktiver, befürchten militärische Beobachter.

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Man kann die Erinnerung daran, wie man eine Bombe baut, nicht wegbomben.

Ex-Außenminister John Kerry

Kritik an Vorgehen wird lauter
Die meist gut informierte „Financial Times“ zitierte einen iranischen Regime-Insider mit den Worten, dass es „sehr naiv“ gewesen wäre, das gefährliche Uran in Fordo zu behalten. Er habe hinzugefügt: „Das angereicherte Uran ist aktuell unberührt.“ Der Iran ist etwa viermal so groß wie Deutschland und von Bergen durchzogen. Dementsprechend schwer ist es, die gesamte Fläche zu überwachen. Israel teilte lediglich mit, dass es „interessante Erkenntnisse“ über den Standort des Materials habe – während die Trump-Regierung offiziell dabei bleibt, dass vom Atomprogramm nichts mehr übrig sei.

In den USA wächst derweil die Kritik am Vorgehen Trumps. „Man kann die Erinnerung daran, wie man eine Bombe baut, nicht wegbomben“, sagte der frühere US-Außenminister John Kerry bei CNN. „Wenn die Presseberichte über die Auswirkungen der Streiks im Iran vom letzten Wochenende wahr sind, und ich kann sie nicht bestätigen, dann könnte das der Grund sein, warum die Regierung unser geheimes Briefing heute in allerletzter Minute verschoben hat“, erklärte zudem Top-Demokrat Chuck Schumer.

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