GUTEN MORGEN

Nicht unter der Tuchent | Dienen oder bedienen?

Sie war „nur“ Generalsekretärin und längst angezählt - und doch sorgt ihr nun überraschender Abgang, den sie am Samstag verkündete, für heftige Turbulenzen in der ÖVP: Laura Sachslehner gab ihren sofortigen Rückzug aus der Parteizentrale bekannt. Die aufsehenerregende Begründung: „Das ist nicht mehr meine Welt“. Was nicht mehr ihre Welt ist? Die zum Jahresanfang von Karl Nehammer eingesetzte Generalsekretärin hatte sich zuletzt heftig über die Klimabonus-Auszahlung auch an Asylwerber erregt. Das müsse geändert werden, hatte sie gefordert - ehe sie Freitag Abend nach heftiger Kritik der Grünen vom eigenen Klubobmann zurückgepfiffen wurde. Nun brechen bisher notdürftig verdeckte Gräben innerhalb der Partei auf. Sachslehner, die laut Eigendefinition für einen Mitte-Rechts-Kurs steht auf der einen, die sanfteren, pragmatischen ÖVP-Politiker auf der anderen Seite. Während Sachslehner ihren Rücktritt in einem dreieinhalbminütigen Statement vor der Presse bekanntgab und dabei keine Fragen beantwortete, stand sie Samstag Nachmittag Conny Bischofberger für ein „Krone“-Interview Rede und Antwort - und legte dabei noch einmal ordentlich nach. Sie habe zuletzt immer wieder bemerkt, dass sie viele aktuelle inhaltliche Entscheidungen in der Volkspartei nicht mehr teile und auch nicht mittragen könne. „Wir sind“, sagt die 28-Jährige, „in den letzten Wochen immer wieder von unseren Werten abgewichen und somit davon, was wir uns vorgenommen haben und wofür uns die Menschen gewählt haben.“ Die Reaktionen auf ihren Rücktritt seinen positiv und aufmunternd, berichtet die frischgebackene Ex-Generalsekretärin. Sie habe noch nie so viel Zuspruch bekommen wie jetzt. Wetten, dass sich die Debatte über den Kurs der ÖVP jetzt nicht mehr unter der Tuchent halten lässt?

Dienen oder bedienen? Ihr Versprechen hat die am Donnerstag verstorbene Queen schon vor 75 Jahren abgegeben - als 21-jährige Prinzessin: Sie sehe ihre Aufgabe darin, zu dienen. Und, da sind sich alle einig: Sie hat dieses Versprechen ihr Leben lang auch wirklich eingelöst. Noch zwei Tage vor ihrem Tod ernannte sie an ihrem Sommersitz in Schottland mit Liz Truss ihre letzte Premierministerin. Dieses Dienen, das Pflichtbewusstsein, die Geradlinigkeit, insgesamt dieses Vermitteln von Stabilität - das hat Elizabeth II viele Jahrzehnte lang nicht nur in jenen Ländern, deren formales Oberhaupt sie war, so beliebt gemacht. Sondern ihr auch im Rest der Welt viele Sympathien beschert. Als Vorbild für Regenten, für Präsidenten und Regierungschefs diente sie freilich kaum. Nicht einmal in Großbritannien - denkt man an so manchen Premierminister, wie etwa den erst am Dienstag zurückgetretenen Boris Johnson. Sieht man Dienen wie bei der Queen als wichtigste Maxime für Politikerinnen und Politiker - dann wird man auch in Österreich immer seltener fündig. Denn statt dem Land und den Menschen im Land zu dienen, scheinen sie vielmehr ihren Parteien oder sich selbst zu (be-)dienen. Dabei müssen nicht nur Abgeordnete, Regierungsmitglieder und Beamte ein gesetzlich vorgeschriebenes Gelöbnis ablegen, in dem sie versprechen, der Republik Österreich und dem österreichischen Volk treu zu dienen. Man muss sie wieder einmal daran erinnern!

Kommen Sie gut durch den Sonntag!

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