Bei EU-Erweiterung

Schallenberg will nicht der „böse Bube“ sein

Politik
25.05.2022 15:10

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hat beim Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos gegen das Image eines Bremsers bei der EU-Osterweiterung ankämpfen müssen. „Sie sind unweigerlich der böse Bube hier in dieser Runde“, sagte die US-Journalistin Matina Stevis Gridneff am Mittwoch zu Schallenberg, der mit Spitzenvertretern Georgiens, Moldaus und Estlands diskutierte. Schallenberg betonte, nicht „der böse Cop“ sein zu wollen, bekräftigte aber zugleich seine Skepsis, etwa was die Ukraine als Beitrittskandidaten angehe.

Die moldauische Ministerpräsidentin Natalia Gavrilita und ihr georgischer Kollege Irakli Garibaschwili bekräftigten in der Diskussion das Ziel einer EU-Vollmitgliedschaft ihrer Länder. Auf eine Frage nach der vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron ins Spiel gebrachten neuen europäischen Gemeinschaft sagte Gavrilita, man habe „öffentliche Zusicherungen erhalten, dass das kein Ersatz für eine Mitgliedschaft ist“. Sie begrüße „jeden Mechanismus, der uns zusammenbringt, solange dies nicht den Weg zur Mitgliedschaft ersetzt“, betonte sie. Ähnlich äußerte sich Garibaschwili. „Alles, was uns der EU-Mitgliedschaft näherbringt, ist für uns natürlich akzeptabel. Wir haben nämlich keine Alternative.“ Das Endziel sei aber die EU-Vollmitgliedschaft.

Der estnische Präsident Alar Karis sagte, dass man bei solchen Vorschlägen „vorsichtig“ sein müsse. Estland sei dies auch angeboten worden, „und wir haben Nein gesagt“. „Es ist eine Tatsache, dass es sich dabei um einen Ersatz handeln könnte“, warnte Karis. Die Ukraine solle den EU-Kandidatenstatus bekommen. „Es gibt kein Schnellverfahren, aber man braucht grünes Licht, um diesen ganzen Prozess zu starten“, betonte er. Estland habe neun Jahre lang auf den Beitritt gewartet, wisse aber, wie wichtig es sei, der EU anzugehören, sagte der Präsident der früheren Sowjetrepublik.

„Kandidatenland als Etikett ändert nichts“
Schallenberg betonte, dass die Erweiterung „das größte und stärkste geopolitische Instrument“ der Europäischen Union sei. Doch müsse man die EU-Annäherung „greifbar“ machen. „Das Etikett eines Kandidatenlandes ändert nichts und bringt dich nicht einen Zentimeter näher an die Europäische Union“, argumentierte der Außenminister. Er verwies diesbezüglich auf die negativen Erfahrungen am Westbalkan. Nordmazedonien habe vor 17 Jahren den Kandidatenstatus bekommen, „und wir diskutieren jetzt darüber, ob wir endlich Beitrittsverhandlungen eröffnen“.

„Wir sollten nicht denselben Fehler in der Ukraine, Moldau und anderen Ländern wiederholen“, so Schallenberg. „Symbolismus ist wichtig“, sagte er mit Blick auf den Plan, der Ukraine beim EU-Gipfel im Juni den Status eines Beitrittswerberlandes zu geben. Es wäre aber ein „schlechtes Zeichen“, wenn in den nächsten Jahren dann „nichts passieren“ würde. „Wir werden beobachtet. Moskau schaut auf uns, Peking, und andere“, so Schallenberg, der diesbezüglich auch neuerlich ein Plädoyer für eine rasche Annäherung der Westbalkanstaaten bekräftigte.

Ukraine-Krieg „Schocktherapie“ für EU
Schallenberg versuchte zugleich die internen Differenzen innerhalb der Europäischen Union herunterzuspielen. „Wir sind immer sehr gut darin in der EU, unsere Differenzen hervorzuheben“, sagte er. Tatsächlich nehme er aber bei jedem Treffen mit seinen EU-Amtskollegen „ein starkes Gefühl der Einigkeit“ wahr. Der Ukraine-Krieg sei „vielleicht eine Schocktherapie“, die zeige, dass es bei der europäischen Integration nicht nur um „Erbsenzählen“ und das Umsetzen von Richtlinien geht, sondern „um unseren Lebensstil“ und darum, „dass auch meine Enkel einmal in einer Gesellschaft aufwachsen, die offen und pluralistisch ist“, so Schallenberg.

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