„Krone“-Kommentar

Drei Wege aus dem Ukraine-Krieg

Ausland
12.04.2022 06:00

Jeder Krieg hat einmal ein Ende. Die Frage ist nur, unter welchen Umständen das gegenseitige Abschlachten ein Ende nimmt. Und wie lange es dauert. Die drei möglichen Wege, die zum Ende eines Krieges führen, sind auch immer die gleichen: Entweder es verliert die eine Seite. Oder es verliert die andere Seite. Oder es gibt eine Verhandlungslösung, bei der die beiden Seiten einander entgegenkommen, bei der Kompromisse ausgehandelt werden. Auch in der Ukraine gibt es diese drei Möglichkeiten.

Fall eins - die Ukraine gewinnt. Es gibt kaum einen Militärexperten, der der Ukraine einen Sieg über die Russen zutraut. Jedenfalls keinen raschen Sieg. Auch die Afghanen haben schlussendlich gegen die Sowjetunion gesiegt - nach zehn Jahren. Und die Taliban haben dann gegen die USA gesiegt - nach 20 Jahren. Wollen wir ein europäisches Afghanistan?

Oder die Russen siegen. Auch hier hat sich gezeigt, dass Moskau zu dem geplanten Blitzkrieg, mit dem Kiew und die Ukraine hätten eingenommen werden sollen, nicht imstande war. Jetzt werden Truppen umgruppiert für einen neuen Sturmangriff auf den Donbass in der Ostukraine. Die Regierung in Kiew ruft die Zivilbevölkerung bereits auf, das Gebiet zu verlassen. Und dann?

Sollte den Russen die Einnahme der Ostukraine gelingen, könnten sie nach einer militärischen Konsolidierungsphase doch wieder in Richtung Kiew marschieren. Der tschetschenische Putin-Vasall Kadyrow deutet das bereits an. Das könnte noch Monate, wenn nicht Jahre Krieg bedeuten in der Ukraine. Kann man das wollen?

Verhandlungslösung? Nur mit neutraler Ukraine
Bleibt die Verhandlungslösung, bei der beide Seiten aufeinander zugehen müssten. Es müsste ein Weg für einen Waffenstillstand und schließlich für eine friedliche Lösung gefunden werden, mit der beide Seiten leben können. Die politischen Realitäten haben gezeigt, dass dieser Weg nur über eine Neutralität für die Ukraine führen kann. Russlands Präsident Wladimir Putin wird nichts anderes akzeptieren. Verbunden mit entsprechenden Sicherheitsgarantien für Kiew.

Was Fragen der Neutralität (und die Verhandlungen darüber mit Moskau) betrifft, hat Österreich viel (auch historische) Erfahrung. Warum sollte Bundeskanzler Karl Nehammer also nicht versuchen, zwischen Wolodymyr Selenskyj und Putin zu vermitteln. Offenbar haben das sowohl die ukrainische als auch die russische Seite gutgeheißen. Sonst wäre es nicht dazu gekommen. Sonst hätten sie Nehammer nicht empfangen. Natürlich konnte man von dem Gespräch in Putins Vorstadtresidenz keine Wunder erwarten. Aber wie vieler Gespräche und Verhandlungsrunden es auch bedürfen möge - jedes Gespräch ist ein Schritt in die richtige Richtung.

„Wenn man nicht mehr redet, überlässt man alles den Waffen“
Deshalb waren seit Kriegsbeginn der türkische Außenminister und der israelische Regierungschef in Moskau, deshalb telefonieren der französische Präsident und der deutsche und auch der luxemburgische Premier mit Putin. Und deshalb war Nehammer jetzt dort. Kein Österreicher kennt die Ukraine und Putins Angriffskrieg gegen Kiew besser als der ORF-Ukraine-Korrespondent Christian Wehrschütz. Auf die Frage, ob der Besuch Nehammers bei Putin Sinn mache, sagte er: „Wenn man gar nicht mehr redet, dann überlässt man alles nur den Waffen.“ Er weiß ganz genau, wovon er spricht.

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