Pommers Feierabend

Reiche Männer und das Moorhuhn-Massaker

Pommer am Abend
25.03.2022 15:11

Einen schönen Freitagabend.

Ich war noch nie in meinem Leben jagen. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich esse Tiere, gerne sogar, ich bin auch sehr froh, wenn sie dabei schon tot sind. Ich besitze daheim zudem ein Ledersofa, das vermutlich früher einmal ein Rind war - ich kann nur raten, weil das Gesicht nicht mitverarbeitet worden ist. Das macht mich in Ihren Augen vielleicht zum Monster, vermutlich zu Recht, statt glücklich über eine Weide zu spazieren, muss das Tier posthum den Pommer tragen, wenn er fernsieht. Der US-Mörder und Leichendieb Ed Gein hatte zu Hause einen Lampenschirm aus gegerbter Menschenhaut. Gänsehaut! Also bei mir, wenn ich das schreibe, nicht beim Lampenschirm, der war recht glatt verarbeitet, wie ich auf Fotos gesehen habe. Aber wenn Sie das nächste Mal einer Kuh begegnen, und von ihr verängstigt angesehen werden, dann wissen Sie Bescheid.

Nun habe ich im „Standard“ Folgendes gelesen: ...woraufhin der OMV-Manager von seinen jüngsten Jagderfolgen mit Benko berichtete: „280 Enten, 80 Hühner, davon ich: 182 Enten und 40 Hühner“ sei die Ausbeute gewesen.

280 Enten und 80 Hühner? Du meine Güte. Es ist freilich nur ein Nebenaspekt der White-House-Story, dennoch frage ich mich als Nicht-Jäger: Wie schießt man alleine 182 Enten und 40 Hühner? Das sind 222 Tiere. Die treffe ich nicht einmal, wenn sie schon tiefgefroren sind. Ich weiß das, ich war bei Moorhuhn schon so schlecht. Angenommen, es wurde acht Stunden durchgeschossen, das sind dann bei 222 Tieren ein tödlicher Treffer etwa alle zwei Minuten. Macht so ein Blutbad Spaß? Schießt man Stockenten und Fasane neuerdings mit Kalaschnikows?

Und was zur Hölle unternimmt man mit insgesamt 280 toten Enten? Ich habe auf Chefkoch.de nachgesehen: Damit können Sie 1100 Portionen Knoblauch-Ente zubereiten, brauchen allerdings noch 14.000 Gramm Butter und 5500 Knoblauchzehen. Schälen Sie die einmal! Bei meinen Jagdrecherchen im Internet habe ich gelesen, dass es Trockenrupfmaschinen gibt. Die funktionieren laut Wikipedia so: „In einer Zentrifuge wird ein Sog erzeugt, sodass die Federn in einen Satz rotierender Platten gezogen und ergriffen werden und vom Schlachtkörper abgezogen werden.“ Gänsehaut! Ich als Großstädter kann diese Information nur brauchen, wenn ich in einer Bar beim Smalltalk nach dem Job gefragt werde: „Ich entwickle Trockenrupfmaschinen!“ Kommt besser an als „Journalist“.

Ich habe mit einem Jagdexperten aus Niederösterreich gesprochen, der über die Leichenmenge nicht so überrascht war wie ich. Im Ausland sei das keine große Kunst, erklärte er mir, die Tiere werden das ganze Jahr geschont, dann auf einmal dezimiert. Das sei groß organisiert, es gebe Profis, die beim Weiterverwerten helfen, und eine perfekte Kühlkette. Halb so schlimm. Außer für die betroffenen Tiere halt. Ich bin eben ein Nicht-Jäger und bitte um Verzeihung. Wenn Sie noch Anmerkungen zu meinen Ansichten oder Aufklärungsmaterialien haben, dann schicken Sie mir bitte ein Mail. Ich werde mich am Abend auf mein Rinderhautsofa neben meinem Lampenschirm (Stoff!) setzen und sie alle lesen.

Ich wünsche einen schönen Feierabend, so Sie einen haben.

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