„Täglich OPs gesperrt“

Pflegeverband warnt: Lockerungen sind „gefährlich“

Politik
19.02.2022 11:51

Mit Samstag sind weitere Corona-Maßnahmen aufgehoben worden, Anfang März soll groß gelockert werden. Während viele erleichtert sind, kritisiert der Österreichische Gesundheits- und Krankenpflegeverband (ÖGKV) die Öffnungen. Dadurch komme eine neue „Belastungswelle“ auf die ohnehin schon am Anschlag arbeitenden Pflegekräfte zu. Die Österreicher haben Verständnis: Eine Mehrheit ist laut einer neuen Umfrage dafür, dass das für die Impflotterie gedachte Geld an Ärzte oder Pflegekräfte geht. Personalvertreter fordern aber nachhaltigere Verbesserungen.

Bevor man die Lockerungen verkündete, habe wieder „niemand die Expertise der Pflegepersonen eingeholt“, bemängelt ÖGKV-Präsident Elisabeth Polzmann in einer Aussendung. Täglich erhalte man Nachrichten über den „exorbitanten“ Mangel an Pflegepersonal. „Ich kann aus meinem Haus melden, dass wir in einzelnen Bereichen große Probleme haben, offene Stellen zu besetzen, und es daher auch zu Bettensperren kommt“, wird etwa eine anonyme Person zitiert.

„Wegen Personalmangels täglich OPs gesperrt“
Eine andere berichtet: „Derzeit sperren wir laufend Betten in der Inneren Medizin, jedoch noch nicht eine ganze Station, aber das schließe ich nicht mehr aus. Weiters ist der OP-Bereich ein Spannungsfeld und es sind täglich circa zehn Prozent der Operationssäle aufgrund von Pflegepersonalmangel gesperrt.“ Woanders ist von einer „sehr angespannten Situation“ die Rede. Täglich versuche man, Personal so gut wie möglich umzuschichten.

Angesichts der großen Arbeitslast, die Pflegekräfte und Ärzte wegen der Pandemie stemmen müssen, sind viele Österreicher dafür, diesen Berufsgruppen einen Bonus auszuzahlen. Verwendet werden soll dafür eine Milliarde Euro, die für die gescheiterte Impflotterie gedacht war. Einen solchen Bonus hatte zuletzt Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) im Interview mit der „Krone“ ins Spiel gebracht. 

36 Prozent für Bonus aus Impflotterie-Milliarde
Vom Meinungsforschungsinstitut Unique research für das „profil“ befragt, was mit der angedachten Milliarde Euro geschehen soll, antworteten 36 Prozent, dass das Geld als Bonus an Berufsgruppen fließen solle, die in der Pandemie besonders belastet waren, wie Ärzte oder Pflegekräfte. Jeder vierte Befragte ist dafür, dass das Geld stattdessen eingespart werden soll, 19 Prozent würden sich eine Prämie für alle bisher und neu geimpften Personen wünschen. Zehn Prozent antworteten, man soll die Summe für Long-Covid-Therapien einsetzen. Für „Sonstiges“ waren vier Prozent, sechs Prozent der Befragten machten keine Angabe.

Roman Hebenstreit, Vorsitzender der Gewerkschaft vida, begrüßt die Idee für den Bonus grundsätzlich, das Pflegepersonal habe sich „eine Einmalzahlung verdient“. Angesichts von 76.000 Beschäftigten, die laut Prognosen bis 2030 fehlen, fordert er aber dauerhafte Verbesserungen. So brauche es neben der Aufstockung des Personals einen bundesweit einheitlichen Personalberechnungsschlüssel und generell eine bessere Bezahlung. „Die Milliarde ist gut, aber nicht im Sinne der Beschäftigten, die schon vor Corona am Anschlag gearbeitet haben und von denen sich viele während der Pandemie aufgrund der hohen Arbeitsbelastung schon nach Job-Alternativen umgesehen haben“, so Gewerkschafter Hebenstreit.

„Bonus ist Investition an falscher Stelle“
Auch Pflegeverbands-Präsidentin Potzmann ist bei Boni für verschiedene Berufsgruppen skeptisch: „Wir brauchen nachhaltige Lösungen, die das System langfristig sanieren und die Rahmenbedingungen verbessern. Jetzt Boni auszuschütten, ist eine Investition an der falschen Stelle. Das ist, als ob man versucht, einen Schädelbasisbruch mit einem Pflaster zu behandeln.“ Der Mangel an Pflegepersonal habe bereits vor Corona bestanden und es würde ihn - wenn alles so bleibt - auch weiterhin geben.

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