Knalleffekt bei Bullen

Salzburg trennt sich von Huub Stevens und Beiersdorfer

Fußball
08.04.2011 16:21
Knalleffekt bei Red Bull Salzburg: Der österreichische Meister hat Trainer Huub Stevens und Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer mit sofortiger Wirkung entlassen. Red Bull gab am Freitagnachmittag die einvernehmliche Trennung bekannt. Die neuen starken Männer bei den Bullen sind der Niederländer Ricardo Moniz als Chefcoach und der Kroate Niko Kovac als Co-Trainer.

Moniz und Kovac haben bereits am Freitag die Aufgaben bei den Salzburgern übernommen und werden das Team am Samstagnachmittag im Heimspiel der 28. Runde gegen Schlusslicht LASK betreuen. Das enttäuschende 1:1 am vergangenen Sonntag auswärts gegen den LASK war das letzte Match von Stevens. Neun Partien vor Meisterschaftsende weisen die Salzburger als Dritter fünf Punkte Rückstand auf Tabellenführer Austria Wien auf.

"Ich habe großen Respekt vor Stevens als Person und vor seiner Leistung. Deshalb trete ich die Aufgabe auch mit gemischten Gefühlen an", erklärte Moniz in einer ersten Stellungnahme. "Aber es gibt eine emotionale und eine professionelle Ebene, die professionelle hat jetzt Vorrang", meinte der 46-Jährige, der im Juli 2010 als Verantwortlicher für die Jugendarbeit vom Hamburger SV zu Red Bull Soccer geholt worden war. Das Ziel von Moniz, der als Kumpeltyp gilt, ist klar: "Wir wollen aus den letzten neun Runden das Maximum herausholen und so weit wie möglich nach vorne."

Moniz war in seiner Trainerkarriere erst einmal Chefcoach gewesen, von April bis Juni 2010 hatte er kurzzeitig interimistisch die HSV-Geschicke gelenkt. Ansonsten war er beim PSV Eindhoven, Grasshopper Zürich und Tottenham Hotspur als Nachwuchs-, Technik- und Co-Trainer im Einsatz.

Stevens: "Ich war sehr, sehr überrascht"
Nachdem Stevens, dessen Vertrag noch bis Sommer 2012 gelaufen wäre, am Freitag von der Red-Bull-Entscheidung erfahren hatte, betrat er gemeinsam mit Moniz und Kovac den Trainingsplatz und stellte dem Team seine Nachfolger vor.

"Ich war sehr, sehr überrascht", meinte Stevens am Freitag in einem Telefongespräch in der niederländischen Fernsehsendung "Voetbal International" auf RTL7. "Ich habe die Besprechung für das Spiel gegen den LASK gemacht und den Spielern die Aufstellung gesagt. Gerade wollte ich mit dem Training beginnen." In diesem Augenblick sei ein Anwalt des Salzburger Klubs an ihn herangetreten und habe ihm die Entscheidung über die Entlassung mitgeteilt. "Innerhalb von fünf Minuten war alles erledigt", sagte der nunmehrige Ex-Chefcoach. Stevens will nach eigenen Angaben weiterhin viel Zeit in Österreich verbringen, der 57-Jährige soll zuletzt an einem Hauskauf im Raum Mondsee interessiert gewesen sein.

Auch die Salzburger Spieler waren von der Ablöse ihres Trainers überrascht, zumindest vom Zeitpunkt. "Dass es heute passiert, hatte keiner erwartet. Das ist schon ein Knalleffekt", meinte Simon Cziommer. "Das gehört zum Fußballgeschäft", meinte wiederum Roman Wallner.

Die Ablöse von Stevens könnte auch mit dem öffentlichen Auftritt von Franz Beckenbauer am Donnerstag in Salzburg zusammenhängen. Der neue Botschafter der ÖFB-Nachwuchsinitiative "Projekt12" hatte dabei nicht nur kritische Worte übers rot-weiß-rote Nationalteam, sondern auch über die defensiv orientierte Philosophie von Stevens geäußert. Beckenbauer fungiert in einer seiner zahlreichen Tätigkeiten u.a. auch als Red-Bull-Berater. Ganz in Beckenbauers Sinn meinte Moniz: "Unsere Philosophie muss es sein, Tore zu machen und Chancen zu kreieren."

Hörtnagl könnte Beiersdorfer nachfolgen
Deutlich überraschender als die Trennung von Stevens kam jene von Beiersdorfer. Der Deutsche war von Dietrich Mateschitz mit enormer Verantwortung ausgestattet worden, Beiersdorfer wachte als Fußball-Chef über die Red-Bull-Standorte New York, Sao Paulo, Ghana, Leipzig und Salzburg. Als einer der möglichen Kandidaten für die Nachfolge von Beiersdorfer wird Alfred Hörtnagl gehandelt. Hörtnagl war am vergangenen Freitag als Rapid-Sportdirektor zurückgetreten.

Kovac, langjähriger Kapitän des kroatischen Nationalteams, ist vom Trainer der Salzburger Juniors zum Co-Betreuer der ersten Mannschaft aufgestiegen. Der 39-jährige gebürtige Berliner ist schon seit 2006 Mitglied der Red-Bull-Familie, bis 2009 war Kovac als defensiver Mittelfeldspieler der Salzburger aktiv gewesen. Unmittelbar danach war er Juniors-Coach geworden.

International nicht die erhofften Ergebnisse
Stevens war vor Beginn des Spieljahres 2009/10 als Nachfolger seines Landsmannes Co Adriaanse zu den Salzburgern gestoßen. National brachte die Debüt-Saison mit dem ÖFB-Meistertitel den erhofften und erwarteten Erfolg. International scheiterten die Salzburger aber - fast schon traditionell - am großen Ziel Champions-League-Gruppenphase. In der vierten und letzten Qualifikationsrunde war gegen Maccabi Haifa Endstation.

Nach dem Umstieg in die Europa League sorgten die Salzburger im Herbst 2009 dann doch noch für ein wenig internationale Furore. In der Gruppenphase wurden alle sechs Partien gegen Villarreal, Lazio Rom und Levski Sofia gewonnen, in der ersten K.o.-Runde war dann aber gegen Standard Lüttich Schluss. In der laufenden Saison blieb die Champions League ebenfalls ein unerfüllter Traum von Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz. Wieder blieb man in der letzten Quali-Runde gegen einen Club aus Israel auf der Strecke, diesmal gegen Hapoel Tel Aviv.

In der Europa League schied Salzburg gegen die Kontrahenten Manchester City, Juventus Turin und Lech Posen als Gruppenletzter aus. Im heimischen Cup blamierte man sich in der zweiten Runde gegen den Regionalligisten Blau-Weiß Linz (1:3), in der Liga nahmen die Topfavoriten ebenfalls nie richtig Schwung auf. Stevens hat als Salzburger Cheftrainer 63 Bundesliga-Partien absolviert. Bei 33 Siegen und 21 Remis setzte es neun Niederlagen (99:47 Tore). Daheim musste Salzburg unter Stevens in 31 Spielen nur zwei Niederlagen gegen die Austria und Kapfenberg hinnehmen.

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(Bild: KMM)



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