Eskalation in Belarus

Hunderte Flüchtlinge stürmen die Grenze zu Polen

Ausland
08.11.2021 13:55

Einem Bericht der weißrussischen Nachrichtenagentur Belta zufolge marschiert derzeit eine Gruppe von Hunderten Flüchtlingen in Richtung Polen. Jene, die bereits dort eingetroffen sind, versuchen offenbar mit Zangen und anderem Werkzeug die Grenze zu stürmen. Die Bilder gleichen jenen des Jahres 2015, als sich an Österreichs Grenzen Ähnliches abspielte: Migranten schleppen ihr spärliches Hab und Gut mit sich und hoffen, auf diesem Weg in die Europäische Union zu gelangen. Das Militär des autoritär geführten Weißrussland beteuerte am Montag, die Sicherheit zu gewährleisten, dafür habe man bereits „alle notwendigen Maßnahmen“ ergriffen. Auch Polen und Litauen stocken ihre Truppen an der Grenze auf.

Aus Sicht der polnischen Regierung könnte die Gruppe versuchen, in der Nähe des Ortes Kuznica Bialostocka die Grenze zu durchbrechen. „Nach neuesten Informationen steht diese riesige Gruppe von Migranten unter der Kontrolle von bewaffneten weißrussischen Einheiten, die entscheiden, wohin sie gehen darf und wohin nicht“, schrieb Geheimdienstkoordinator Stanislaw Zaryn auf Twitter. Er sprach von einer weiteren feindlichen Aktion des Nachbarlands gegen Polen. Die polnische Regierung berief deshalb einen Krisenstab ein.

Polens Regierungssprecher Piotr Müller sagte, es könne am Montag an der Grenze zu Belarus zur bislang schwierigsten Situation kommen. Man werde weitere Grenzschutzbeamte an den entsprechenden Abschnitt schicken. Außerdem sei man im ständigen Kontakt mit der EU-Grenzschutzagentur Frontex. Das Verteidigungsministerium veröffentlichte Luftaufnahmen, die eine große Menschenmenge in der Nähe der Grenze zeigten.

Die EU-Kommission drängte Polen am Montag Hilfe anzunehmen. Eine gemeinsame Grenze könne am besten gemeinsam gemanagt werden, sagte ein Sprecher der Behörde in Brüssel. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex, die Asylbehörde EASO und die Polizeibehörde Europol stünden bereit, bei der Registrierung von Migranten, Bearbeitung von Asylgesuchen und dem Kampf gegen Schmuggel zu helfen. Polen müsse diese Hilfe jedoch anfordern. Man habe die Regierung bereits mehrfach dazu ermuntert, hieß es.

Die außenpolitische Sprecherin der Grünen im österreichischen Nationalrat, Ewa Ernst-Dziedzic Grüne, forderte die sofortige Einrichtung eines europäischen Krisenstabs, außerdem sollten Frontex, EASO und das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen eingeschalten werden. „Polen ist alleine nicht in der Lage, den schlimmen Zustand auf eine Art und Weise zu lösen, die internationalem wie auch europäischem Recht entspricht, geschweige denn, einen Lösungsweg zu gehen, der menschenrechtliche Standards erfüllt“, so Ernst-Dziedzic.

Auch Litauen verstärkt seinen Grenzschutz
Auch Litauen will den Grenzschutz verstärken. Innenministerin Agne Bilotaite kündigte am Montag an, Truppen an seine Grenze zu Belarus zu verlegen, um sich auf einen möglichen Zustrom von Migranten vorzubereiten, so Bilotaite. Wie viele Soldaten verlegt werden und wo sie genau eingesetzt werden, wollten die litauischen Behörden unter Verweis auf Sicherheitsbedenken nicht sagen. Die litauische Regierung will noch am Montag darüber beraten, ob der Notstand in der Grenzzone zu Belarus ausgerufen werden soll.

Lukaschenko: „Menschen nicht aufzuhalten“
Der weißrussische Machthaber Alexander Lukaschenko sieht sich in der Kritik, Menschen aus Krisenregionen einfliegen zu lassen, um sie dann in die EU zu schleusen. Er hatte als Reaktion auf Sanktionen gegen sein Land erklärt, Menschen auf ihrem Weg zu einem besseren Leben im „gemütlichen Westen“ nicht mehr aufzuhalten. In der Grenzregion gab es bereits mehrere Todesfälle unter Migranten. Die EU-Staaten Polen und Litauen haben in den vergangenen Monaten Tausende Grenzübertritte gemeldet. Als ein Hauptziel der Migranten gilt Deutschland.

Unterstützung aus Moskau
Die EU erkennt Lukaschenko seit der umstrittenen Präsidentenwahl im vergangenen Jahr nicht mehr als Staatsoberhaupt von Weißrussland an. Unterstützt wird der „letzte Diktator Europas“, wie ihn Kritiker nennen, von Russlands Präsident Wladimir Putin. Der Kreml begrüßte am Montag das Vorgehen der Behörden im Zusammenhang mit den Migranten.

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