Attacke in Spiellokal

Prozess um Prügel-Affäre: 6 Polizisten verurteilt

Wien
12.07.2021 15:12

Sechs Wiener Beamte sind am Montag in der Bundeshauptstadt in einem Prozess um Polizeigewalt verurteilt worden, und zwar zu bedingten Haftstrafen zwischen acht und zwölf Monaten. Die Polizisten standen vor Gericht, weil sie im Jahr 2019 einen Tschetschenen in einem Spiellokal im Bezirk Favoriten ohne ersichtlichen Grund geschlagen bzw. dabei weggesehen haben sollen. Am ersten Verhandlungstag Ende Juni hatten die Hauptangeklagten bereits Geständnisse abgelegt. Am Montag saß das 29 Jahre alte Opfer der Attacke im Zeugenstand und schilderte den Vorfall. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

Der Vorfall, der sich am 13. Jänner 2019 nach Mitternacht ereignet hatte, wurde der Staatsanwaltschaft erst bekannt, nachdem im Juli 2020 ein Video aus einer im Lokal angebrachten Überwachungskamera aufgetaucht war. Darauf ist zu sehen, wie von der Polizei gegen den Tschetschenen vorgegangen wird, der keine Gegenwehr leistet. Zum Einsatz war es wegen eines angeblichen Raufhandels in dem kleinen Lokal gekommen. Neben dem Tschetschenen befand sich damals noch ein weiterer Mann vor Ort. Es folgte eine Ausweiskontrolle.

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Als er gesehen hat, dass ich aus Tschetschenien komme, hat er gesagt, ihr gehört alle abgeschoben.

Der 29-Jährige im Zeugenstand

Von Polizist auf Couch gezogen
Am Montag berichtete der 29-Jährige von dem Geschehen: Er sei von einem 37 Jahre alten Beamten beleidigt worden, als er diesem den Führerschein zeigte. „Als er gesehen hat, dass ich aus Tschetschenien komme, hat er gesagt, ihr gehört alle abgeschoben“, gab der Mann zu Protokoll. Auch der Ausdruck „Scheißhurenkinder“ sei gefallen. Der 37-Jährige habe ihn dann zu einer Couch gezogen und aufgefordert, die Hände aus den Hosentaschen zu nehmen: „Ich hatte eine Operation an der Hand und habe eine Schiene getragen.“ Daher habe er die Hand nicht aus der Tasche nehmen wollen, erklärte der Zeuge.

„Mit der Faust auf den Kiefer geschlagen“
Eskaliert sei die Situation, als er sich weigerte, sein zweites Handy zu entsperren, sondern es den Beamten vor die Füße warf. Man habe ihn am Nacken gepackt, ein Kniestoß in den Unterleib sowie Faustschläge seien erfolgt. Er sei kurz ohnmächtig geworden, gab der 29-Jährige an. Nachdem er wieder das Bewusstsein erlangt hatte, habe er erklärt, Anzeige erstatten zu wollen. Daraufhin habe ihm ein 29-jähriger Polizist „mit der Faust auf den Kiefer geschlagen“.

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Er kann das Geld behalten. Er soll es für wohltätige Zwecke spenden.

Der 29-Jährige

„Ich habe gesagt: ,Hört‘s auf, was soll das?‘ Ich hab geglaubt, wir sind in einem Rechtsstaat“, erinnerte sich der Zeuge. Als Antwort habe er bekommen, er könne „zurück nach Russland gehen“. Laut Anklage erlitt der Mann unter anderem eine Schädelprellung, Prellungen am Brustbein sowie am Unterarm. Rund um Schadenersatz und Wiedergutmachung stellte der Zeuge vor Gericht klar, „das Geld nicht zu brauchen“. Der 37-jährige Angeklagte entschuldigte sich am Montag direkt bei dem Tschetschenen und bot über den Verteidiger 1000 Euro als Wiedergutmachung an. Erneut lehnte der 29-Jährige ab. „Er kann das Geld behalten. Er soll es für wohltätige Zwecke spenden.“

Bedingte Haftstrafen
Sechs der insgesamt acht angeklagten Polizisten wurden am Montagnachmittag für schuldig erkannt. Die beiden Hauptangeklagten - der 37-Jährige sowie der 29-Jährige - erhielten wegen Amtsmissbrauchs und Körperverletzung zwölf bzw. zehn Monate bedingt, zwei Mitangeklagte wegen Amtsmissbrauchs jeweils acht Monate bedingt. Zwei weitere Polizisten wurden des Missbrauchs der Amtsgewalt und der Fälschung eines Beweismittels für schuldig erkannt und erhielten jeweils zehn Monate bedingt. Die Männer erbaten sich Bedenkzeit, die Urteile sind nicht rechtskräftig.

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