Ehemann ermordet
Fall Bacot: Gepeinigte Frau verurteilt, aber frei
In einem aufsehenerregenden Prozess ist die Französin Valérie Bacot wegen der Tötung ihres gewalttätigen Ehemanns zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Davon wurden drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Da sie bereits ein Jahr in Untersuchungshaft verbracht hatte, musste die Mutter von vier Kindern nicht ins Gefängnis zurückkehren. Hinter ihr liegt eine „extreme Hölle“ aus frühem Missbrauch, Schlägen, Tritten, Vergewaltigung. Schwer traumatisiert - CNN spricht in einem Bericht von einem „geschlagene-Frauen-Syndrom“ statt posttraumatischem Syndrom - hatte sie keinen anderen Ausweg mehr gesehen, als ihren Peiniger zu erschießen.
Valérie Bacot wurde über Jahrzehnte hinweg von ihrem Ehemann misshandelt, wiederholt vergewaltigt und zur Prostitution gezwungen. Bei dem Prozess in der südburgundischen Kleinstadt Chalon-sur-Saône schilderte sie ihr Martyrium als „extreme Hölle“, in die sie bereits mit zwölf Jahren geraten war.
Daniel Pollard, den sie 2016 erschossen und mit zwei ihrer Söhne im Wald verscharrt hatte, war der Freund ihrer Mutter, als sie ein Kind war. Als er zu ihnen zog, fiel er über sie her und vergewaltigte sie. Der Lkw-Fahrer kam dafür ins Gefängnis, war zwei Jahre später aber wieder da und ihre Mutter ließ ihn wieder einziehen. Die Übergriffe gingen nahtlos weiter. Mit 17 wurde Bacot schwanger. Ihre Mutter, die nichts gesehen haben wollte, überließ die Tochter dem Vergewaltiger und jagte sie gemeinsam davon. Bacot bekam noch weitere Kinder von ihm. 2018 zwang er sie zur Heirat.
Keine Hilfe
Der 25 Jahre ältere Mann sah Valerie als seinen Besitz. Sie erklärte, er kontrollierte jede Minute ihres Lebens. Mit Schlägen und Tritten machte er sie gefügig und bedrohte sie immer wieder mit einer Waffe. Zu Weihnachten habe er sie einmal mit einem Hammer bewusstlos geschlagen.
Unter dem Namen „Adeline“ wurde sie von Pollard an andere Lkw-Fahrer „verliehen“, die sie in seinem Peugeot-Transporter empfangen musste. Seine Initialen hatte er auf ihren Schambereich tätowiert.
Ihre Kinder versuchten zweimal Anzeige zu erstatten, um sie zu retten. Doch die Beamten erklärten ihnen, sie müsste selbst zur Wache kommen, was ihr aber von ihrem Mann unmöglich gemacht wurde. Sie lebte in Angst.
Am 13. März 2016 eskalierte die Situation. Ihr Mann brachte einen besonders brutalen Freier mit, dem sei einen „speziellen Sex-Wunsch“ erfüllen sollte, was sie aber ablehnte. Dieser hätte es ihr aber trotzdem angetan. „Ich hatte Schmerzen. Da war Blut. Alles, was ich durchgemacht hatte, war auf einmal wieder da“, erinnerte sie sich vor Gericht. Außerdem machte sie sich zu dem Zeitpunkt große Sorgen um ihre 14-jährige Tochter, die ihr gesagt hatte, der gefürchtete Vater habe wissen wollen, ob sie „sexuell“ bereits aktiv sei. „Ich hatte Angst vor dem Kunden“, schilderte Bacot, und sie musste ihre Tochter „retten“.
Deshalb habe sie die im Auto versteckte Pistole geholt und ihren Mann Daniel Pollard mit einem Schuss ins Genick getötet. Ihren Leidensweg beschrieb Bacot auch im kürzlich erschienenen Buch „Tout le monde savait“ (was übersetzt auf Deutsch heißt: „Alle wussten es“).
Großes Aufsehen
Der Fall, bei dem auch die Geschwister von Pollard gegen ihn aussagten und erklärten, sie hätten sich als Kinder aus Angst vor ihm versteckt, sorgte nicht nur in Frankreich für Aufsehen. In einer Internet-Petition forderten bislang weit über 700.000 Menschen Freiheit für die Frau, die so lange so unermesslich gequält wurde. Das Urteil blieb hinter der Forderung der Anklage zurück, die für eine Haftstrafe von fünf Jahren plädiert hatte, davon vier auf Bewährung. Die Verteidigung forderte Freispruch.
„Dieser Prozess ist ein großer Schritt für mich, um vielleicht ein Kapitel zu beenden und eine schwierige Situation zu überstehen“, sagte Bacot.
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