„Nicht angenehm“

Ermittlungen gegen Kurz wegen Falschaussage

Politik
12.05.2021 09:57

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wird von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) aufgrund von mutmaßlicher Falschaussage als Beschuldigter geführt. Dies bestätigte der Kanzler am Mittwoch - auch gegen Kurz-Kabinettschef Bernhard Bonelli wird ermittelt. Sie sollen im Ibiza-Untersuchungsausschuss mehrere widersprüchliche Aussagen getätigt haben. Einen Rücktritt schloss der Kanzler in seinem Statement dezidiert aus.

Kurz und Bonelli sollen den Untersuchungsausschuss falsch über Vorgänge rund um die Bestellung des ÖBAG-Aufsichtsrates informiert haben, erklärte der Kanzler am Mittwoch vor der Ministerratssitzung. Beide haben vor dem Ausschuss erklärt, dass sie in ebendiese Bestellung nicht eingebunden gewesen seien. Dabei hätten sich Kurz und Bonelli aber widersprochen und auch die aufgetauchten Chats des ÖBAG-Chefs Thomas Schmid ließen Zweifel laut werden, weshalb die NEOS Anzeige eingebracht haben.

Rücktritt ausgeschlossen
Wie der Kanzler betonte, könne die WKStA jederzeit einen Strafantrag stellen. Er gehe davon aus, dass sie das auch tun werde. Es handle sich dabei um ein Verfahren, das wegen des geringen Strafmaßes vor einem Einzelrichter landen würde. Er würde aber, sollte dies auch eintreten, nicht zurücktreten, es sei aber „keine angenehme Situation“ für ihn.

Juristisch wackelig
Eine Verurteilung des Kanzlers gilt derzeit als unwahrscheinlich. Es müsste ihm nachgewiesen werden, vorsätzlich vor dem Ausschuss gelogen zu haben. Parteigeplänkel könnten die Ermittlungen ebenfalls trüben. 

Eine Verurteilung kann sich auch Kurz „beim besten Willen nicht vorstellen“. Er sei sich immer bewusst gewesen, dass der U-Ausschuss ein wichtiges Gremium sei, dem man Rede und Antwort stehen müsse. Gleichzeitig erinnerte er aber auch daran, dass viele der im Ausschuss thematisierten Sachverhalte schon längere Zeit zurücklägen.

Kurz weist Vorwürfe zurück
Sie seien erst vor Kurzem über ihren Status als Beschuldigte informiert worden sein, erklärte der Kanzler - für beide gilt die Unschuldsvermutung. Er habe jedenfalls versucht, im U-Ausschuss „stundenlang auch Jahre zurückliegende Sachverhalte aufzuklären“. Es sei „Methode geworden, im U-Ausschuss mit Unterstellungen eine aufgeheizte Stimmung zu erzeugen“. Er wolle im Laufe des Verfahrens nun auch seine Sicht der Dinge erklären.

„Die Staatsanwaltschaft muss natürlich jede Anzeige prüfen, dazu ist sie auch gesetzlich verpflichtet“, erklärte die grüne Justizministerin Alma Zadic nach Bekanntwerden der Ermittlungen. Dies werde nun „in der gebotenen Ruhe“ passieren, stärkte sie der Behörde den Rücken.

Krainer: „Die Grenze ist das Strafrecht“
„Dass er als Beschuldigter geführt wird, überrascht niemanden“, erklärte SPÖ-Abgeordneter Kai Jan Krainer in einer ersten Reaktion gegenüber „Puls 24“. Er zeigte sich zudem überzeugt, dass die Ermittlungen auch zu einer Anklage führen werden und hält es für undenkbar, dass ein aktives Regierungsmitglied angeklagt wird. Der Bundeskanzler selbst habe immer gesagt, dass die Grenze das Strafrecht sei - „und genau da sind wir jetzt”, so Krainer.

Der Kanzler wage nun die Flucht nach vorne, da er wüsste, dass er die Unwahrheit gesagt habe. „Man muss die Wahrheit sagen, das gilt für alle Österreicher.“ Zur politischen Moral gehöre, dass man die entsprechenden Konsequenzen aus einer bevorstehenden Anklage ziehe, legte der SPÖ-Abgeordnete einen Rücktritt nahe. Ähnlich äußerte sich auch SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner. Im Fall einer Anklage wäre die „rote Linie“ überschritten.

FPÖ fordert sofortigen Rücktritt
Die FPÖ fordert dagegen den sofortigen Rücktritt des Bundeskanzlers. Christian Hafenecker sieht nun auch die „Stunde der Wahrheit“ für die Grünen gekommen - er fordert die Grünen daher auf, den Untersuchungsausschuss gemeinsam mit der Opposition zu verlängern.

NEOS: „Das schadet unserem Land massiv“
„Einzigartig und äußerst bestürzend“ findet NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger, dass gleich vier „Spitzen der Republik“ und „Mitglieder der türkisen ,Familie‘“ als Beschuldigte geführt werden. "Das schadet unserem Land und dem Vertrauen in die Politik massiv

Ermittlungen gegen ÖVP-Politiker
Die Liste jener ÖVP-Politiker, die in letzter Zeit ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten sind, wird zunehmend länger. In unterschiedlichen Ermittlungsverfahren befasst sich die Justiz etwa mit dem ehemaligen Finanzminister Hartwig Löger, dem derzeitigen Finanzminister Gernot Blümel oder auch dem ehemaligen Justizminister Wolfgang Brandstetter.

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