Heute Nacht mussten wieder zwei Frauen sterben. Die Fälle reihen sich in eine traurige Bilanz. Wenn davon gesprochen wird, dass sich nun etwas ändern muss, muss man ganz von vorne beginnen. Denn Gewalt an Frauen beginnt mit Alltags-Sexismus.
Manchmal kommt er ja ganz harmlos daher, manchmal kann es auch schon deftiger werden. Im Fall des Bierwirten war es ein „Du dreckige Bitch“, garniert mit obszönen, vor Frauenfeindlichkeiten nur so triefenden Anzüglichkeiten an die Grün-Politikerin Sigrid Maurer. Genügend haben damals die Alarmzeichen aufgezeigt, nicht wenige haben die Nachrichten verharmlost. Hätte man damals ahnen können, welches Gefahrenpotenzial in ihm schlummert? Ein bedenkliches Frauenbild zeigt es allemal.
„Du schaust aus wie eine Nutte“
Und es ist eines, das in unserer breiten Gesellschaft leider noch immer seine ungenierte Verbreitung findet, vielerorts sogar toleriert wird und nicht selten auch auf Zustimmung trifft. Wenn Sätze wie „Du schaust aus wie eine Nutte“ achselzuckend mit einem „War ja nicht so gemeint“ quittiert werden können, braucht sich keiner wundern, wenn sich an unserem antiquierten Gesellschaftsbild kaum etwas ändert. Flapsige Alltagssexismen wie diese bilden die Basis für ein grundvergiftetes Rollenverständnis. Und für Gewalt.
Statt hundertstem Arbeitskreis braucht es einen gesellschaftlichen Wandel
Wenn sich also die Bundesregierung im Zuge des Politikergipfels nun für mehr Opferschutz einsetzt, ist das grundsätzlich löblich. Jeder Willen zur Verbesserung der traurigen Frauenmord-Statistik in unserem Land ist ein guter Schritt. Dennoch wird auch der gefühlt hundertste, wohlgemerkt immer anlassbezogene Arbeitskreis zu dem Thema kaum den nötigen Turnaround bringen. Was es vielmehr braucht, um die Gewalt an Frauen nachhaltig zu bekämpfen, ist ein grundlegender gesellschaftlicher Wandel. Der geht aber nicht von heute auf morgen.
Wie soll der Wandel aussehen?
Wie der überhaupt aussehen soll? Es braucht vor allem Respekt. Nur wenn allen in unserem Land klar ist, dass ungewollte Anzüglichkeiten, augenzwinkernde Bemerkungen und waschechte Sexismen keinen Platz in unser aller Zusammenleben haben, kann ich auch etwas ändern. Denn körperlicher Gewalt geht in den allermeisten Fällen auch psychische Gewalt voraus. In welcher Form auch immer.
Österreich ist EU-weit Spitzenreiter bei Frauenmorden. Da reicht keine nette Symptombekämpfung. Es braucht vor allem einen Strukturwandel. Und es braucht Politiker, die sich trauen, das anzugehen.
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