30.04.2021 10:55 |

1 Jahr Corona

Statt Urlaub: Vorarlberger investieren in Küchen

Molindo-Geschäftsführer Thomas Gabriel erklärt, warum Startups neugierig, offen und flexibel sind, und was es mit dem Küchen-Boom in Zeiten von Corona auf sich hat.

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Krone: Herr Gabriel, Sie haben 2007 das Startup Molindo, das Online-Portale entwickelt und vermarktet, gegründet - zu einer Zeit, als nur die wenigsten mit diesem Begriff etwas anfangen konnten.
Gabriel: Stimmt, damals war es eher ungewöhnlich, sich mit digitalen Lösungen selbstständig zu machen. Dabei haben wir bereits vor gut 20 Jahren während der Schulzeit angefangen, Online-Portale zu bauen.

Mittlerweile ist Molindo ein gut aufgestelltes Unternehmen. Konntet Ihr dennoch den Gründer-Spirit beibehalten?
Ich denke, ja. Wir orientieren uns nach wie vor ausschließlich an der Zukunft, stellen Thesen auf und entwickeln daraus neue Produkte. Das ist mit Herausforderungen verbunden und durchaus riskant, weil man gerade im digitalen Bereich stark in Vorleistung gehen muss und oft erst wesentlich später die Ernte einfahren kann. Gleichzeitig können wir gerade durch die digitale Komponente große Visionen verfolgen und auf Wachstum und Skalierbarkeit setzen. Schließlich bedienen wir einen globalen und nicht ausschließlich einen regionalen Markt. Bei so gut wie jedem Projekt muss die Produktidee im Laufe der Zeit angepasst werden, mitunter sogar ein komplett neues Geschäftsmodell gefunden werden. Das braucht einen langen Atem, erfordert Neugier, Offenheit und Flexibilität.

Sollte nicht jedes Unternehmen so agieren?
Die Gefahr besteht, dass man als Unternehmen mitunter träge wird, wenn man auf dem Markt gut etabliert ist, funktionierende Produkte und ein engmaschiges Netzwerk hat. Die Veränderungen kommen schneller und härter als früher. Unternehmen dürfen sich daher nicht auf bestehendem Erfolg ausruhen, sondern müssen ihre Innovationskraft laufend ausbauen.
Immer öfter haben Unternehmen eigene Innovationsteams, die durchaus dazu beitragen können, dass sich ein Betrieb weiterentwickelt. Ebenso wichtig ist, dass die Unternehmer den Spirit vorleben und dass man sich die richtigen Fragen stellt: Womit verdienen wir in fünf Jahren unser Geld? Werden die Produkte und Dienstleistungen, die wir heute anbieten, dann noch nachgefragt? Investieren wir in die richtigen Geschäftsmodelle der Zukunft? Startups stellen sich diese Fragen täglich. Der Verzicht auf bestehende Strukturen ist eine große Chance. Alteingesessene Unternehmen sind meist langsamer in der Entscheidungsfindung und haben einen ausgeprägten Sinn für Hierarchien und Bürokratie.

Wobei in Zeiten von Corona so gut wie nichts mehr sicher ist. Hat die Pandemie Startups weniger geschadet?
Startups sind es gewohnt, in einem risikoreichen Umfeld unterwegs zu sein. Natürlich gab es zunächst einen Schockmoment, den die Szene hart getroffen hat. Doch Corona ist, vor allem was die Digitalisierung angeht, ein Beschleuniger. Dieser Schub hilft zahlreichen Startups. Allerdings stehen auch einige mit dem Rücken zur Wand und verzeichnen starke finanzielle Einbußen. Diese Unternehmen fiebern - wie alle anderem - dem Ende der momentanen Maßnahmen entgegen. Nichtsdestotrotz hat jüngst eine zweiteilige Umfrage unter rund 100 Vorarlberger Startups eine anhaltend positive und optimistische Grundhaltung ergeben.

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Natürlich gab es zunächst einen Schockmoment, den die Szene hart getroffen hat. Doch Corona ist, vor allem was die Digitalisierung angeht, ein Beschleuniger.

Gabriel über die Krise

Wie ist es denn Molindo im vergangenen Jahr ergangen?
Was unseren eigenen Arbeitsalltag betrifft, war die Umstellung auf Remote Working kein Problem. Unsere Prozesse und Tools waren schon vor Corona dafür ausgelegt. Was unsere Online-Plattformen betrifft, hat Küchenfinder (Anm.: www.kuechenfinder.com) alles überragt. Die Menschen verbrachten mehr denn je ihre Zeit zu Hause und haben auch wieder gelernt zu kochen. Viele haben deshalb ihr „Urlaubsgeld“ in eine Küche investiert. Die Zugriffe von Küchenfinder haben sich verdreifacht und liegen nun bei über 700.000 Besucher pro Monat.

Ein Beispiel für den langen Atem.
Ja. Und ein Beispiel dafür, dass man immer auf der Suche nach neuen Geschäftszweigen sein sollte und es dann einfach probiert, ohne voreingenommen zu sein. Wir brauchten vor fünf Jahren eine neue Küche, wussten aber nicht, zu welchem Küchenanbieter bzw. Küchenplaner wir gehen sollten. Unzählige Marken und Hersteller werben um die Kunden. Die Auswahl an Materialien ist riesig. Es war einfach zu wenig transparent. Meinem Geschäftspartner erging es gerade ähnlich. Daher haben wir uns Gedanken darüber gemacht, wie der Markt funktioniert. Der Kunde möchte zwar Planung und Ausführung einem Profi übergeben, hat allerdings auch gelernt, sich vorab im Internet zu informieren. Außerdem leben Küchenstudios stark von Empfehlungen. Das Ziel also war ein Portal, das den Endkunden dabei unterstützt, den passenden Küchenplaner zu finden. Dann wurde schnell mehr daraus und so bietet das Portal heute Informationen, Bilder und Videos zu sämtlichen Themen rund um die Küche an.

Was hat denn die Küchenindustrie davon gehalten?
Nun, sie hat sicher nicht auf so eine Plattform gewartet, kam schlussendlich aber mehr und mehr an Bord. Mittlerweile sehen sie die Vorteile. Küchenfinder trägt wesentlich dazu bei, dass sich die Küchenkäufer online neutral auf einer Plattform informieren können und dadurch die Küche mit all ihren Facetten an Stellenwert gewinnt.

Und dank Corona hatten die Menschen mehr Zeit zuhause und haben beschlossen, es sich ebendort gemütlich zu machen.
Ja. Allerdings hat sich auch die gesamte Küchenindustrie weiterentwickelt. Abgesehen von den verordneten Schließungen fanden keine Messen mehr statt. Unternehmen, die vorher fast ausschließlich im Offline-Bereich tätig waren, mussten innerhalb kürzester Zeit online präsent sein. Außerdem haben sich die Vertriebswege stark gewandelt. Eine derart disruptive Veränderung hätte es ohne Corona wahrscheinlich nicht gegeben - zumindest nicht in dieser kurzen Zeit.

Zur Person: Thomas Gabriel ist Mitbegründer und Geschäftsführer von Molindo. Das Dornbirner Unternehmen entwickelt und vermarktet innovative Online-Portale. Er ist außerdem Mitbegründer der Initiative Startupland Vorarlberg.

Christian Mähr
Christian Mähr
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