Immobilien im Ländle

Druck am Wohnungsmarkt: „Leerstand ist unsozial!“

Vorarlberg
20.04.2021 08:55

Allein im Bregenzerwald sollen rund 1000 Wohnobjekte leer stehen. In ganz Vorarlberg dürften es 8500 sein. Gleichzeitig suchen hunderte Familien eine Immobilie. Ein Widerspruch, der sich auflösen ließe.

Unlogik in Reinkultur: Während in Vorarlberg tausende Häuser und Wohnungen unbewohnt sind, sind auch tausende Menschen auf der Suche nach einem passenden Wohnplatz - sei es ein Haus oder eine Wohnung. Dass die einen nicht zu den anderen finden können, birgt zwar ironisches Potenzial, bringt aber kaum jemanden zum Lachen. Ein Universalrezept zur Zusammenführung gibt es - so viel sei hier schon verraten - nicht. Es braucht den Blick auf das Einzelobjekt, also auf jeden einzelnen Eigentümer und auf jede Eigentümerin - und auf deren höchst individuelle Geschichten. „Leerstand ist schwierig zu fassen. Nicht jedes Haus, das dazu gezählt wird, steht auch wirklich komplett leer“, sagt Architektin Gudrun Sturn, die sich seit Langem mit dem Thema befasst.

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Leerstand ist schwierig zu fassen. Nicht jedes Haus, das dazu gezählt wird, steht auch wirklich komplett leer

Architektion Gudrun Sturn

Allein zu Haus
So wohnen in vielen riesigen Häusern nur noch Einzelpersonen. „Hier sprechen wir von der sogenannten Unternutzung. Das Haus steht nicht komplett leer, ist aber viel zu groß für den einen oder manchmal auch für die zwei Menschen, die noch darin leben.“ Gerade bei der Mindernutzung sieht Sturn die größten Chancen, das Problem anzupacken. In diesen Fällen könnten sich die Eigentümer noch motivieren lassen, mehr aus ihren Immobilien zu holen als bisher. Da dann auch oft Sanierungen, Hausteilungen oder der Einbau eines zweiten Stiegenhauses anstehen, braucht es aber erst einmal einen Motivationsschub.

Ins Gespräch kommen
Warum sollten Menschen Geld in die Hand nehmen und es in ihr Haus investieren, in dem sie bisher doch gut gelebt haben? Gudrun Sturn hat Antworten: „Vielleicht ist es ja gar nicht so toll, ganz allein in einem Riesenhaus zu wohnen. Vielleicht wäre es schön, wieder Nachbarn zu haben. Jemanden, der auch mal einspringen kann, wenn es Not tut. Mieter oder Untermieter können auch gut der Einsamkeit entgegenwirken“, sagt Sturn, die auf das Projekt „Sanierungslotsen“ des Energieinstituts verweist. Dort können sich Sanierungswillige Hilfe und Unterstützung von Profis holen. Wie man mit Eigentümern über Sanierung und Weiterentwicklung ihrer Immobilien ins Gespräch kommt, zeigt auch das Pilotprojekt „Bonsei“ in Feldkirch auf: 250 Eigentümer, deren Immobilien vor 1970 gebaut wurden, erhielten einen Fragebogen zu ihrer Wohnsituation - Beratungsangebot inklusive. Immerhin 25 der Adressaten meldeten sich daraufhin.
Ein Schritt in die richtige Richtung ist auch die Zwischennutzung. Niemand verpflichtet sich auf längere Zeit, dafür kann aufgezeigt werden, was in einem leerstehenden Haus alles möglich wäre. Zwischengenutzt werden leere Räume oft von Kulturtreibenden, die der Immobilie wieder neues Leben einhauchen. Auch das schafft Motivation.

Reine Wertsteigerung
Ganz anders verhält es sich mit Leerstand, der „produziert wird, weil Immobilien ein Finanzanlageprodukt sind“, wie Johannes Herburger, Experte für Raumforschung, sagt. Viele, die sich Wohnungen kaufen, seien nicht auf Mieteinnahmen angewiesen, sondern „setzen rein auf die Wertsteigerung“, erklärt er. Das sei zum Beispiel am Pfänderhang ganz gut zu beobachten. Herburger fragt sich auch, wer all die teuren Penthouse-Wohnungen kauft, die derzeit gerne auf Wohnblöcke gesetzt werden - und wer sie dann wirklich bewohnt.

Leerstand ist unsozial
Einen gewissen Leerstand braucht es immer, da sind sich Sturn und Herburger einig. Denn sonst könnte niemand in Vorarlberg jemals übersiedeln. Doch über dieses gesunde Maß hinaus sei Leerstand „unsozial“, wie Herburger sagt: „Weil er den Druck am Wohnungsmarkt erhöht.“ Im Jahr 2018 hat das Land eine Studie zum Leerstand veröffentlicht. „Danach wurde es aber leider sehr ruhig um das Thema“, berichtet Herburger.
Im Stillen wartet der Leerstand aber weiterhin darauf, endlich wieder mit Leben erfüllt zu werden.

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