Bankenkrise in Kabul
Afghanen haben genug von korrupter Kabulbank
Rund 500 aufgebrachte Kunden zählten internationale Berichterstatter am Mittwoch vor der einzigen geöffneten Filiale der Kabulbank in der afghanischen Hauptstadt. Kurz vor einer dreitägigen muslimischen Feiertagsruhe zum Ende des Fastenmonats Ramadan forderten sie ihr Geld heraus. Für das Eid-Fest werden üblicherweise Geschenke, neue Kleider sowie besondere Speisen gekauft.
Doch ungeachtet dessen, ob die Kunden nun ihr gesamtes Erspartes abziehen wollten oder nur den Monatslohn, der bei den meisten Staatsbediensteten rund 500 Dollar beträgt - sie kamen nicht hinein. Bei den Tumulten mit den Sicherheitskräften wurde unter anderem ein Kameramann der Associated Press verletzt. "Ich will mein ganzes Geld haben. Ich vertraue dieser Bank nicht mehr", zitiert die AP einen erbosten Kunden in Kabul.
Größte Anteilseigner waren auch oberste Manager
Ausgelöst wurde die Krise durch die Kündigung der obersten beiden Top-Manager der Kabulbank, zu deren Kunden u.a. rund 250.000 Staatsbedienstete gehören. Die Manager, die gleichzeitig mit jeweils 28 Prozent Anteilen die größten Shareholder der Bank sind, und von denen mindestens einer den Wahlkampf Hamid Karzais mitfinanzierte, sollen rund 160 Millionen Dollar in Villen und Bauprojekte in Dubai investiert haben, deren Beanspruchung sie für sich selbst und Freunde geplant hätten. Die Immobilien sind heute in Folge der Krise weit weniger wert. Die Regierung Karzais begründete die Rücktritte dagegen mit neuen Vorgaben zur Bankenregulierung, die Anteilseignern Spitzenpositionen im Management verbieten.
Doch hunderte Privatkunden fürchteten angesichts des Skandals um ihre Einlagen. Sie zogen binnen weniger Tage die Hälfte der 500 Millionen Dollar, die die Kabulbank an Bareinlagen zur Verfügung hat, ab. Am Montag fror die afghanische Zentralbank schließlich die Vermögen mehrerer Anteilseigner und größerer Schuldner ein, damit die Bank noch genug Geld für das laufende Geschäft hat und die Gehälter ihrer Mitarbeiter bezahlen kann.
Kunden drohen mit Plünderungen - "selbst beim Präsidenten"
Ein Sprecher von Präsident Hamid Karzai versicherte den Kabulbank-Kunden, ihre Ersparnisse seien sicher. Karzai rief sie auf, Ruhe zu bewahren. Die Afghanische Zentralbank, die über fünf Milliarden Dollar Reserven verfügt, sei bereit, der Kabulbank Kredite zu gewähren, sollte dies erforderlich sein. Es gehe dort ja schließlich nicht um Milliardenbeträge. Die afghanischen Kunden zeigten sich wenig beruhigt: "Wenn sie uns nicht zuhören, schlagen wir die Fenster der Kabulbank ein, wir werden alle Filialen plündern, selbst den Präsidentenpalast", sagte einer der Bankkunden.
Dass der Ärger über die Korruptions-verseuchte Bank auch den Präsidenten trifft, kommt nicht von ungefähr. Zu den größeren Kabulbank-Aktionären gehört auch ein Bruder von Präsident Hamid Karzai. Dieser soll sich seinen im einstelligen Millionen-Dollar-Bereich angesidelten Anteil mit einem Kredit der Kabulbank finanziert haben, wie angeblich viele andere Anteilseigner auch. Zudem lebe Mahmoud Karzai in einer von der Kabulbank finanzierten Villa.
Afghanistan: Ein Viertel des BIPs für Korruption
Viele Afghanen halten die Regierung Karzai für korrupt. Die Korruption im Land ist auch ein wichtiges Thema im Vorfeld der am 18. September geplanten Parlamentswahl. Immerhin geht ein Viertel des afghanischen Bruttonationalprodukt in die Korruption.
Die US-Regierung befürchtet wiederum, dass die Vorwürfe den aufständischen Taliban in die Hände spielen könnten. Vonseiten der US-Regierung hieß es aber, man leiste der afghanischen Regierung zwar "technische Hilfe", es würden aber keine US-Steuergelder zur Stützung der privaten Kabulbank verwendet.
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